Diagnose und Therapie

Eigene Beobachtungen und das Führen eines detaillierten Ernährungstagebuchs sind ein wichtiger Anfang, um einer Histaminintoleranz auf die Spur zu kommen. Hier ist viel Eigeninitiative gefragt! Durch den Arzt sollten allerdings auch andere mögliche Erkrankungen ausgeschlossen werden, wie eine Dünndarmfehlbesiedlung, eine Nebennierenschwäche, eine Schilddrüsenerkrankung, andere Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Allergien, Nährstoffmängel (B6, B12, Kupfer…), Darmflorastatus, Autoimmunerkrankungen… Auch Medikamente, die die Diaminoxidase hemmen oder zur Freisetzung körpereigenen Histamins führen, könnten die Ursache sein.

Die Goldstandardmethode, um eine Histaminintoleranz zu ermitteln ist, eine Eliminationsdiät durchzuführen. Hierbei sollte man für den Zeitraum von zwei Wochen eine sehr einfach gehaltene, histaminarme Diät durchführen, bei der man alles frisch selber kocht. Dabei führst du ein Ernährungstagebuch und notierst genau, wann du was gegessen hast und was dir für Beschwerden auffallen. Am Ende dieser Zeit machst du einen Provokationstest mit Nahrungsmitteln, die du im Verdacht hast, dass du sie nicht verträgst. Wenn sich die Histaminintoleranz bestätigt, solltest du für ein paar Wochen weiter bei der absoluten Basisdiät bleiben (ein Ausgangspunkt könnte mein persönlicher Ernährungsplan (Richtung Paleo) sein, ansonsten bietet auch dieses Buch einen guten Einstieg, bis deine Symptome weitestgehend abgeklungen sind und du dich besser fühlst. Bei mir z.B. war der Darm so entzündet (die Nahrung kam fast so wieder raus wie sie reingekommen war), dass es erstmal sinnvoll war, nur wenige, weichgekochte Lebensmittel zu essen und dem Darm zu erlauben, zu regenerieren, da er kaum Nährstoffe aus der Nahrung ziehen konnte. Dies sollte allerdings nur für einen sehr begrenzten Zeitraum von wenigen Wochen erfolgen (wenn die Quelle der Entzündung beseitigt ist, regeneriert der Darm enorm schnell), da man sonst in einen Mangelzustand geraten kann, was eine weitere Regeneration behindern würde. Aus diesem Grund sollte man stets das Ziel vor Augen haben, nach und nach neue Lebensmittel einzuführen. Dies sollte mit viel System und Vorsicht geschehen. Alles sollte notiert werden, immer nur ein einziges Lebensmittel in sehr kleiner Menge, damit der Körper sich wieder daran gewöhnen kann, in hoher Qualität und immer mehrere Tage Abstand lassen.

Manchmal kann die Herkunft, Lagerung oder Zubereitungsweise eines Lebensmittels darüber entscheiden, ob es verträglich ist oder nicht, deswegen gib ein Lebensmittel nicht direkt auf. Du wirst sehen, dass je mehr dein Körper heilt, er auch wieder in der Lage sein wird, mehr zu vertragen. Ich z.B. konnte etwa ein Jahr später wieder Schokolade einführen. Zwar nur gelegentlich und ich darf es nicht übertreiben (Edit 2018: Schoko-Toleranz nochmal enorm gesteigert :-)), aber ich bin trotzdem sehr glücklich darüber. Du wirst sehen, dass je mehr nährstoffreiche und dabei verträgliche Nahrung du einführst, desto schneller werden deine Heilungsfortschritte von statten gehen (die verschiedenen Mikronährstoffe aus deiner Nahrung werden zum Aufbau neuen, gesunden Gewebes und zur Bildung von Enzymen eingesetzt). Einfach formuliert: Arbeite INNERHALB deiner Grenzen, aber geh an deren Rand und dehne sie aus!

Theoretisch ist es auch möglich, den Diaminoxidaselevel und den Plasmahistaminspiegel vor und nach der zweiwöchigen Eliminationsdiät in deinem Blut zu messen, allerdings ist ein Mangel dieses Enzyms oftmals nicht das Problem und der Test ist nicht sehr verlässlich (1)(2). Mein DAO-Level beispielsweise liegt noch ganz knapp im „grünen Bereich“, aber mein Körper neigt dazu, selbst zu viel Histamin zu bilden, was dann meine an sich schon schwächelnde Enzymproduktion übersteigt. Die Ergebnisse des Bluttests können darüber hinaus über den Tagesverlauf schwanken. Bei Klienten konnte ich auch schon beobachten, dass die DAO-Produktion mit dem Maß an gegessenem Histamin korrellierte (z.B. je strenger Histamin eliminiert wurde, desto mehr ging der Wert runter).

Gentests zur Funktionsminderung der Histamin-N-Methyl­transferase stecken noch in den Kinderschuhen und sind in ihrer Aussagekraft noch nicht verlässlich. Um die Aktivität der HNMT (wie gut die Methylierungsprozesse des Körper ablaufen) zu messen, kann man das Methylhistamin im Urin bestimmen. Dies ist auch ein Marker für Mastzellaktivitätsstörung. Allerdings wird der Wert durch viele andere Faktoren beeinflusst wie Proteingehalt der Nahrung, Nahrungsmittelallergien…(7) Am ehesten Aussagekraft hat noch die Bestimmung des Histaminspiegels im Stuhl, auch wenn hier ebenfalls keine sichere Aussage über die Ursache gemacht werden kann (Darmfehlbesiedlung oder -entzündungen? Hemmung der DAO? Zu geringe Produktion? Allergien? Intoleranzen? Histaminliberatoren? MCAS?). Im Endeffekt läuft es darauf hinaus, dass deine Diagnose wie ein Puzzle zusammengesetzt wird, und je mehr Tests du machen lässt, desto mehr kann man das Bild verfeinern und den eigentlichen Auslöser eingrenzen.

Der Goldstandard zur Bestimmung einer Mastzellaktivitätsstörung ist der Vergleich des Plasma-Tryptasespiegels im Vergleich zwischen deiner normalen Baseline und dem Wert innerhalb von 4 Stunden nach einer körperlichen Reaktion, sowie das Abstimmen deiner Symptome mit einem Fragebogen. (7)

Je nach Schwere deiner Symptome kann der Einsatz von Histaminblockern (H1- und H2-Antagonisten) erforderlich sein, die allein aber keine Lösung auf lange Sicht sind, da sie immer eine Belastung für den Körper darstellen. Bei lebensbedrohlicher oder stark behindernder und schmerzhafter Symptomatik sind sie natürlich erst einmal unumgänglich. Außerdem können sie, je nachdem ob sie Wirkung zeigen oder nicht, wertvolle Indizien dafür liefern, ob Mastzellen und Histamin involviert sind oder nicht.

Neuere Erkenntnisse zeigen, dass der Wirkstoff Cromoglicinsäure (Cromoglykat) zwar in Mausstudien mastzellblockierend wirkt (3), allerdings bei menschlichen Mastzellen sehr wirkungsschwach ist (4,5). Deutlich bessere Ergebnisse werden durch Bioflavonoide wie Luteolin und Quercetin erzielt (6).

Gegen die Entzündungen und allergischen Reaktionen werden außerdem Glucocorticoidpräparate (Hydrokortison / Cortisol) intravenös, oral oder als Creme (topisch) eingesetzt um das Immunsystem zu unterdrücken, was aber eigentlich nicht für den dauerhaften Gebrauch geeignet und mit schweren Nebenwirkungen verbunden ist.

Wichtig ist, dass du an einen Arzt gerätst, der sich mit der Erkrankung auskennt! Das Problem ist, dass viele Ärzte dazu neigen, bei Krankheiten, die ihnen neu sind und mit denen sie keine Erfahrung haben, die mit ihren Methoden nicht quantifizierbar sind oder denen sie einfach hilflos gegenüberstehen, den Patienten nicht ernst zu nehmen und schnell dabei sind, das Problem beim Patienten selbst zu suchen, ihm z.B. zu unterstellen, dass es psychosomatisch sei oder er ein aufmerksamkeitsbedürftiger Hypochonder sei. Lass dich deswegen nicht entmutigen und suche einen darin ausgebildeten Fachmann oder eine Fachklinik auf.

Weitere Informationen zu Histaminintoleranz, auch Adressen von Fachleuten

Weitere Informationen zu Mastzellaktivitätssyndrom, auch Adressen von Fachleuten

Dysautonomie – wenn das vegetative Nervensystem aus dem Gleichgewicht gerät

Die Auswirkungen von Antihistaminika und anderen Medikamenten auf unser Immun-, Organ- und Nervensystem


 

  1. Kofler, W. Aberer, M. Deibl, Th. Hawranek, G. Klein, N. Reider und N. Fellner: „Diamin­oxidase keine diagnostische Hilfe bei Histamin­intoleranz“, Allergologie, vol. 32, no. 3, pp. 105–109, 2009.
  2. Töndury, B; Wüthrich, B; Schmid-Grendelmeier, P; Seifert, B; Ballmer-Weber, B: „Histamin­intoleranz : Wie sinnvoll ist die Bestim­mung der Diaminoxidase-Aktivität im Serum in der alltäglichen klinischen Praxis?“, Allergologie, 31(8):350-356. 2008.
  3. Theoharides, T. C., Sieghart, W., Greengard, P., & Douglas, W. W. (1980). Antiallergic drug cromolyn may inhibit histamine secretion by regulating phosphorylation of a mast cell protein. Science, 207(4426), 80-82.
  4. Oka, T., Kalesnikoff, J., Starkl, P., Tsai, M., & Galli, S. J. (2012). Evidence questioning cromolyn’s effectiveness and selectivity as a ‘mast cell stabilizer’in mice. Laboratory Investigation, 92(10), 1472-1482.
  5. Vieira Dos Santos, R., Magerl, M., Martus, P., Zuberbier, T., Church, M. K., Escribano, L., & Maurer, M. (2010). Topical sodium cromoglicate relieves allergen‐and histamine‐induced dermal pruritus. British journal of dermatology, 162(3), 674-676.
  6. Weng, Z., Zhang, B., Asadi, S., Sismanopoulos, N., Butcher, A., Fu, X., … & Theoharides, T. C. (2012). Quercetin is more effective than cromolyn in blocking human mast cell cytokine release and inhibits contact dermatitis and photosensitivity in humans. PloS one, 7(3), e33805.

4 thoughts on “Diagnose und Therapie

  • 22. September 2016 at 10:44
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    Hallo,
    habe auch Probleme mit Histamin. Bin nicht wirklich ein Allergiker habe aber zu viel ecoli im Darm welches wohl Histamin produziert.
    Je nachdem was ich esse lagere ich bis zu 5!kg Wasser ein… das ist grausam, da alles schmerzt…weiterhin habe ich Hashimoto und glaube diese Sachen zusammen sind Auslöser für meine Problematik. Was kann ich noch machen ? Danke

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    • 22. September 2016 at 11:13
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      Das klingt ja echt sehr belastend… Was hast du denn bisher unternommen? Wie ernährst du dich, wurde eine Darmsanierung mit Probiotika gemacht? Andere Therapien bisher? Ich musste eine Weile lang Mutaflor schlucken, um eine E-coliübersiedlung einzudämmen, was erfolgreich war. Außerdem esse ich auch sehr clean. Hast du dich schon mit dem Paleo Autoimmun Protokoll auseinandergesetzt? Wenn nicht, möchte ich dir von ganzem Herzen diesen tollen Blog von einer ebenfalls Hashimotobetroffenen empfehlen. https://autoimmunpaleo.wordpress.com/
      Das Streichen von Gluten ist das wichtigste erste Schritt, da Gluten die Bildung von Autoantikörpern triggert. Schau auch oben neben „Histaminintoleranz“ unter dem Reiter „chronisch entzündliche Erkrankungen“ auf meinem Blog. Unter „Empfehlungen“ -> „Bücher“ findest du auch einen Link zu dem klasse Buch „Die Paläotherapie“ von Sarah Ballantyne, das echt mein Leben verändert hat.

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  • 24. Oktober 2023 at 18:10
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    Hallo Doro,
    Tolle Arbeit die du leistet. Verfolge gerade deinen Darmkongress. Dein Interview ist total interessant. Hast du eine HPU? Diese ganzen Symptome passen auf diese Erkrankung.

    Liebe Grüße

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    • 1. November 2023 at 12:27
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      Liebe Marena,
      ich hatte, nachdem ich schon gute Fortschritte auf meinem Weg des Gesundwerdens gemacht hatte vor einigen Jahren, einen Urintest machen lassen, da ich es genau wie du sehe mit den Symptomen. Der Wert war zu dem Zeitpunkt dann aber im Normbereich. Ich halte es für absolut möglich, dass ich in einer HPU drin war, aber zu dem Zeitpunkt mein Stoffwechsel schon wieder in der Balance war. Das kann ja alles wieder werden, sobald man dem Körper nur dazu verhilft, wieder sein natürliches Ding zu machen, Nährstoffe aufgefüllt hat, der Stress raus ist aus dem System, etc…
      Herzliche Grüße,
      Doro

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