Autistisch, zwanghaft, kontrollsüchtig oder einfach gesund Mindful?

Ich kenne sie gut, die zwanghaften Rituale, wie z.B. mein Haar auf jeder Seite mit einer bestimmten Anzahl an Strichen zu kämmen, oder Adrian Monk-mäßig durch die Gegend zu laufen. Ich habe es aber, typisch für Frauen und Mädchen, die bei Aspergersyndrom sehr häufig unterhalb des Radars agieren aufgrund ihrer höheren emotionalen und sozialen Intelligenz als Jungs, immer dezent unauffällig machen können. Gezielt in meinen ruhigen, sicheren Alltagsnischen oder mit absolut vertrauten Menschen, wo ich crashen oder Stress und Druck raus lassen konnte, statt dass es mich wie diesen armen Kerl hier überkommt.

Bevor ich meinen Weg des Gesundwerdens angetreten bin, habe ich mich dafür geschämt, mich gegen dieses Zwangsverhalten gewehrt, versucht, es diszipliniert zu bekämpfen. Es hat es nicht wirklich besser, eher noch schlimmer gemacht.

Heute bin ich so dankbar dafür, dass sich mein Nervensystem so etwas Geniales ausdenkt, damit ich meine Balance wieder finden kann! Gekoppelt mit meinem höheren Verstand, der mir hilft, damit ganz gezielt Energie zu kanalisieren (man sieht diese archetypischen Bewegungen z.B. auch bei Schamanen indigener Völker, die nicht verkopft sind wie wir in der westlichen Welt) gehe ich nun mit den Impulsen meines Körper, gebe dem Raum, beobachte neugierig wie eine Wissenschaftlerin, was für Schlüsse ich daraus über mich und mein aktuelles Leben ziehen kann.

Und nutze diese Impulse ganz konkret (es ist natürlich unverzichtbar, dass ich dafür gezielt Freiräume schaffe in meinem Alltag, gar nicht immer so leicht mit Baby, Selbstständigkeit, anspruchsvollem Körper und Farm), gehe nun extra tief hinein und verstärke sie sogar noch. Schüttele z.B. ganz wild meine Hände, oder meinen ganzen Körper. Chante (mit der Stimme) Stress ab.

Sind hier vielleicht auch andere, die in extremen Zeiten mal in ein latentes Tourettesyndrom fallen können? Das berühmte Techniktourette? *g* Oder wo es so wohltuend ist, einfach mal eine flotte Tour zu Fuß durch den Wald zu machen und über Gott und die Welt (oder die Schwiegermutter, den Nachbarn, den Chef…) vor sich hin zu schimpfen, zu brabbeln, zu fluchen? Um dann völlig frisch und geerdet wieder in seinen Alltag zurück zu kehren.

Mein praktischer Onlinekurs um zu lernen, übermäßige oder feststeckende Stressenergie im Körper auf heilsame Weise zu lenken.

Oder das Beispiel eines meiner besten Freunde, ein besonderer Künstlergeist, der die Welt sieht wie kein anderer (der klassische Fall wo man denkt, der muss bei der Geburt vertauscht worden sein, wie kommt der in Diese Familie?!), der in einer Zeit, wo er extrem versucht hat, sich an die Gesellschaft anzupassen, in eine Schizophrenie gefallen ist und (meines Erachtens lustige) verrückte Sachen gemacht hat, die alle um ihn herum ziemlich aus dem Alltag gerissen haben (aber anstatt sie aufzurütteln, wurde er von der Polizei abgeholt, in eine Anstalt eingesperrt und zwangsmedikiert)! Heute ist er ein extrem wacher Mensch, der vieles durchschaut und sich bewundernswert diszipliniert auf seinem Weg des Gesundwerdens befindet, sich schon aus einem unglaublichen Loch rausgearbeitet hat.

Ich glaube nicht an Syndrome, dass Menschen einfach von Krankheiten angefallen werden, ihnen erliegen und dann random verrückte Dinge mit ihren Körpern, ihrem Nervensystem, Psyche und Co passieren. Ich sehe immer einen absoluten genialen, logischen Sinn dahinter, eine Imbalance im Immunsystem, im Leben, sogar gesellschaftlich, wieder in die Balance zu bringen.

Überlege einmal, wie wunderbar unsere Gesellschaft sein kann, wie schnell Betroffene „da durch“ gehen könnten und damit noch Wunderbares in ihrem Umfeld, in ihren Familien, bewirken könnten, wenn wir diese Verhaltensweisen einfach für das sehen, was sie sind, uns ihnen sogar noch mehr öffnen, sie einfach wie ein Unwetter hindurch ziehen lassen können?

Wir hatten hier Januar und Februar ein paar Baustellen und Renovierungsarbeiten. Ich bin super glücklich über diese Investition an Geld, Zeit, Energie und angesparter „Chaostoleranz“, bin super happy und erleichtert über das Ergebnis und die neu gewonnene Lebensqualität, doch hat es mich einiges gekostet (auch das Baby hat schlechter geschlafen in der Zeit und eben all diese kleinen Dinge, die aus dem gesunden Gleichgewicht tingeln während solcher Unregelmäßigkeiten, die einen an Gesundheit kosten). Für mehrere Tage danach merkte ich, dass ich extrem perfektionistisch wurde, das Bedürfnis hatte, mein Haus besonders hübsch zu machen, alles sehr bewusst und liebevoll zu ordnen, mich sehr bewusst, angenehm, kuschelig, schön zu kleiden, Kerzen anzünden, all diese kleinen Dinge. So sehr ich auch gerne den neuen Look meiner Räumlichkeiten mit meinen Freunden geteilt hätte, so wenig fühlte ich mich gerade jetzt in der Lage dazu. Wollte sie einfach nur erstmal für mich ganz alleine genießen.

Zunächst kam eine angstvolle Seite in mir hoch, dass ich wieder eine stark autistische Episode bekomme? Der erste Impuls sind negative Titulierungen. So wie es mir die Gesellschaft beigebracht hat.

Doch warte! Warum sehe ich es nicht als gesunde Achtsamkeit, Mindfulness? Das ist doch etwas Schönes! Ja, ich hatte meinen Tag, wo ich vorwiegend nur auf Zehenspitzen laufen konnte, nicht auf Berührungen aus war, in meine eigene Welt vertieft und solche Dinge, doch dafür hat unser Geist das doch erschaffen, den Sinn für kleine, wunderschöne Rituale, die wieder erden, uns zurück in den Körper, ins Hier und Jetzt bringen, wieder Erholung, Freude und Sicherheit schaffen in/nach einer chaotischen Zeit, wo man ein bisschen oder auch ein bisschen viel den Halt und die Orientierung verloren hat. Genau deswegen machen Menschen aus dem autistischen Spektrum doch ganz impulsiv diese rituellen Handlungen. Es lässt Stress ab, beruhigt. Eine gute Sache, von der auch jeder Durchschnittsmensch sich ganz Cleveres abgucken kann!

Je mehr es mir erlaube, da tief reinzugehen, es voll auszukosten, damit präsent zu sein, es bejahe, mich dem öffne, dem vertraue, desto schneller pendle ich mich wieder ein, komme zurück „nach Hause“ und der durchschnittliche funktionale Alltag darf wieder einkehren.

Kannst auch du bei dir solche Verhaltensweisen erkennen, wo dein System dich wieder in die Balance drängt, durch scheinbar „ungesunde“ Erscheinungen hindurch? Welche Rituale, Praktiken, Alltagsgewohnheiten nutzt du bereits bewusst, um „Energie zu bewegen“ und deinem Nervensystem (und damit auch den Mastzellen) Erleichterung zu verschaffen?

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