Eigentlich belastete es mich schon lange. Während der Azorenreise kam dann der Entschluss. Einen Monat lang war ich nur mit dem Inhalt meines Trekking-Rucksacks auf minimalistische Weise ausgekommen (natürlich mit mehrfachem Zugang zu einer Waschmaschine und was gefehlt hat, hat man sich halt dazugekauft) aber auch so, weil ich merke, dass neue Ufer nach mir rufen, dieser Ort, der mir lange Jahre ein wertvolles Zuhause gewesen ist, in dem ich sehr viel Heilung erfahren habe, nicht mehr richtig passt.
Ich habe mich einfach verändert. Ich muss mich erleichtern. Dinge los werden. Entgiften. Bereit machen für das, was kommen wird. Ja, so wie es in unserem Körper zur Verstopfung des Energieflusses und zur Überforderung von unseren Entgiftungsorganen (wie Darm, Leber, und dann schließlich der Haut) kommen kann, so kann dies auch um uns herum, in unserem Leben, in unseren eigenen vier Wänden geschehen. Entweder ist es ein Projekt, das man schon lange umgesetzt haben wollte, und sei es nur eine banale Baustelle, wie das Bad neu zu streichen, oder das handfeste Gerümpel, das einen erdrückt (hierzu lese ich auch gerade ein schönes Einsteigerbuch zu Feng Shui).
Und bei der einen Sache bleibt es dann nicht, es kommt immer mehr dazu. Du kennst den Gedanken vielleicht auch: Das kann man sicher nochmal gebrauchen. Ich bin total dieser Typ. Doch nun wurde es ernst für mich: Ich musste meinen Kleiderschrank ausmisten. Mir fällt es wirklich ultraschwer, Dinge wegzuwerfen oder wegzugeben.
Doch ich habe so viele schöne neue Sachen bekommen in den letzten Monaten (gebraucht geschenkt oder gekauft), dass die Waagschale einfach kippte. Naja und zuletzt ging die Schranktür auch nicht mehr zu und mir wurde klar, dass ich einfach so viel Schönes besitze, aber es schlicht und ergreifend nicht finde unter all dem Zeug!
Schon im Frühjahr, nach dem Tod meines Schwiegeropas, hatte ich viel in meiner Wohnung ausgemistet, auch aus dem Studium, meinem ersten Selbstständigkeitsversuch, und genauso wie damals (Videotagebuch) ging es mit einem Bedürfnis nach einem Fasten einher. Es ist interessant, wie das Außen und das Innen einander widerspiegeln. Wieviel Energie auf einmal frei wurde für neue Projekte!
Es war, als wäre für MICH, mein aktuelles Leben, kein Platz, kein Raum, und den musste ich mir erobern, sonst lief ich wie mit Sand im Getriebe.
Beim Aussortieren meiner Kleidung merkte ich dann: Wow, in welch einem Gefühl von Mangel muss ich gelebt haben, dass ich so viel aufgehoben habe und es an mich klammern musste? Auch kam ich damals, als ich krankheitsbedingt autistische Züge anzunehmen begann, extrem schlecht mit Veränderungen klar. Ich fand Sachen, die locker 15 Jahre alt sind. Ich habe auch einfach mein Leben lang dieselbe Figur gehabt, abgesehen von der Zeit, in der ich so viel Gewicht verloren hatte krankheitsbedingt, habe allerdings auch über neun Jahre als „arme Studentin“ verbracht.
Doch jetzt merke ich: Ich sollte es mir wert sein, ein paar schöne Dinge zu besitzen. Ich BIN es mir mittlerweile wert. Ich habe auch einfach das Bedürfnis nach mehr Farbe und Weiblichkeit in meiner Garderobe. Wieviel tiefgreifende Identifikation kann mit den Dingen, die wir täglich benutzen, zusammenhängen. Doch welche Seiten schlummern da in mir, die ich noch nicht entdeckt und ausgebildet habe?
Und ich merke immer wieder: Wenn meine beiden Hände und Arme (oder Schränke) bereits vollgepackt sind, wie soll ich dann Neues empfangen? Wir leben doch eigentlich im Überfluss, und nur, wenn ich selbst wieder etwas zurückgebe, in den Fluss bringe, kann wieder Neues zu mir fließen. Ich möchte der Welt mehr die Chance geben, mich zu beschenken, und ich möchte nicht an einem alten Bild von mir festhalten.
Ich rede hier gar nicht von großem Konsum! Kaum war ich wieder zurück von den Azoren, bekam ich zwei wunderbare, perfekt passende luftige Sommerhosen geschenkt, wie ich sie dort unten die ganze Zeit schon vergeblich gesucht hatte.
~Meine Tipps fürs Ausmisten~
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Ich möchte dich an dieser Stelle mit dem Begriff des Concorde-Fehlers vertraut machen. Dies ist ein Begriff aus der Bio-Philosophie. Die britische Regierung hatte den umstrittenen Weiterbau des Überschallflugzeugs damit gerechtfertigt, dass sonst alle bisherigen Ausgaben umsonst gewesen wären. In der Biologie verwendet man den Begriff im Zusammenhang mit Investment, das Eltern in ihre Jungtiere setzen. Was wäre die viel logischere Herangehensweise? Nicht wieviel etwas gekostet hat, wie viel Aufwand es gewesen ist, wie viel Herzblut man investiert hat… sollte das Argument sein, sondern: Wie viel versprechen ich mir in der Zukunft davon (auf biologisch: prospektiver Fitnessgewinn). Halte dir dies mal vor Augen, wenn du das nächste Mal ein Kleidungsstück o.ä. in der Hand hältst und du dich nicht entscheiden kannst, ob es bleiben darf oder fort muss.
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Geh jedoch nicht nur nach dem Kopf. Immer nur nach dem Verstand und der Vernunft zu gehen, macht gerade hier keinen Sinn, da bei Kleidung viel Emotionen mitspielen. Ich habe es einfach gemerkt, dass die Dinge, die „man doch sicher noch gut gebrauchen konnte“, im Endeffekt doch nie getragen wurden. Irgendetwas war an diesem Kleidungsstück, das einen unterbewusst abgestoßen hatte, vielleicht war es einfach nur das Gefühl des Stoffes, oder es war mit einer unangenehmen Erinnerung verbunden. Lass auch dein Herz mitreden, das pure Gefühl, wenn du ein Kleidungsstück in der Hand hältst. Fehlt dir nur der Mut, etwas Neues zu probieren oder ist es wirklich nicht das Richtige für dich? Bei aller Vernunft, wenn Letzteres der Fall ist, wird es auch in den nächsten Monaten noch ungetragen im Schrank bleiben.
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Leichter ist es, wenn man die Sachen an einen lieben Menschen weitergibt. Es ist eine schöne Art, für andere zu sorgen, und man wirkt diesem Auffressen unseres Planeten durch Überproduktion entgegen. JEDOCH: Ich bin in meinem Leben schon erstickt worden mit Dingen, die andere einem „großzügig“ überlassen haben. Gib die Dinge nur weiter mit der Message und der Offenheit, dass es ok ist, wenn der andere es ablehnt und es wichtig für diese Person ist, in dieser Weise auf sich zu achten. Ich gebe meine Kleidung dann nicht in diese kommerziellen Kleiderspenden, sondern an die Bahnhofsmission oder das Deutsche Rote Kreuz. Ich habe mich diesmal aber wirklich dazu gezwungen, einzelne Teile auch wegzuwerfen.
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Mach ganze Sache. No second thoughts. Kennst du das auch? Bei Multiple Choice Tests habe ich meine Prüfungen immer verschlimmbessert, wenn ich nachträglich nochmal drüber gegangen bin. Traue deinem jetzigen (in dieser Sekunde-)Ich zu, dass es eine optimale, vernünftige Entscheidung treffen kann. Klar ist es okay, dass du dich erstmal einige Zeit an den Gedanken gewöhnst und ihn reifen lässt, die Aktion anzugehen. Aber wenn ein Kleidungsstück dann im Sack ist (und gehe dafür jedes einzelne gerne mit sehr viel Zeit durch) dann ist es damit auch gut und gehe nicht hinterher nochmal an den Sack. Je schneller du ihn wegbringst, desto besser. Tritt hinterher Reue oder Traurigkeit auf, wisse, dass es völlig normal ist („Wachstumsschmerzen“ – unser Gehirn mault immer, wenn es sich ummodeln muss, wie die Muskeln im Fitnesscenter). Fühle die Gefühle, gehe durch sie hindurch, und dann lasse sie hinter dir und freue dich auf das Neue, das kommt.
Zu guter Letzt möchte ich sagen: Wenn du eine große Veränderung in deinem Leben anstrebst wie das Gesundwerden (genau wie beim Abnehmen, das auch dazu gehört), fixiere dich nicht nur auf die EINE Sache, wie die Pickel, den Ausschlag, den stets aufgeblähten Bauch, das Energielevel, die Angststörung…
THINK BIG. Schaffe dir Luft und Raum für WIRKLICHE, tiefgreifende Veränderung und erlebe erstaunt, wie alles nochmal deutlich leichter wird und gestaute Energie freigesetzt wird, die du dann umso fokussierter einsetzen kannst. Warte nicht darauf, bis du deinen Traumjob, deine Traumgesundheit, deine Traumwohnumgebung, deine Traumfamilie hast. Lebe jetzt authentisch und nach deinen Bedürfnissen! HEUTE. Und du wirst sehen, wie viel leichter es wird, zu der besten Version deiner Selbst hinzuwachsen.
Don’t hold on to someone who’s leaving, otherwise you won’t meet the one who’s coming. ~Carl Jung
It´s not the result that´s important, it´s who you become in the process of achieving the result. ~Jack Canfield