Was uns unsere Ernährungsbiografie über unsere Bedürfnisse verrät

Kürzlich las ich wieder ein Buch einer Autorin, die seit Jahrzehnten vegan mit hohem Früchteanteil lebt und lernte live ein solches älteres Ehepaar kennen. Während ich mit dutzenden von Kollegen arbeite, die super gesund und energetisch sind mit Keto, Paleo, Carnivor, Lowcarb und Co. Wie kann es möglich sein, dass Menschen da so tief in ihren eigenen, voneinander vollkommen unterschiedlichen, aber tatsächlich für sie funktionierenden Ernährungswelten und -wahrheiten leben? Was natürlich bei Ernährungsneulingen, so wie bei mir damals, für große Verwirrung sorgen kann und dazu, dass man durch das zu lange Ausprobieren von für einen unpassenden Ernährungsweisen und -dogmen noch kränker, statt wie erhofft, gesünder wird.

Dieser Artikel soll dazu dienen, dir, was wie immer mein Hauptanliegen ist, Mut zu machen, dich selbst noch besser kennen zu lernen und deine ganz eigene Wahrheit zu finden. Denn nur das, wo wir wirklich in allen Aspekten unseres Seins ganz nah bei uns selbst sind, kann uns gesund werden lassen.

Denk einmal an deine Kindheit zurück? An andere wichtige Etappen deines Lebens? Wie war die Ernährungsweise, die Essensqualität, -mentalität? Gab es Lebensmittel, zu denen zu bereits eine natürliche Abneigung hattest und solche, die deinen instinktiven Appetit weckten, wenn du konntest wie du wolltest? Mit welchen Lebensmitteln gab es sogar warme, tiefe emotionale Verbindungen? Mit welchen Lebensmitteln verbindest du schwere Zeiten oder traumatische Erfahrungen?

Wenn ich an meine eigene Kindheit zurückdenke… Meine Mutter war stets bemüht, für unsere 7 köpfige Familie jeden Tag das Essen auf den Tisch zu stellen, darauf war immer Verlass. Jeden Mittag gab es eine selbstgekochte, warme und vielseitige Mahlzeit. Doch es musste simpel sein und schnell gehen, anders war es ihr nicht möglich, und so kamen vielfach fertige Gerichte zum Einsatz wie Linsensuppe aus der Dose, Fischstäbchen mit TK Spinat, Nudeln und vorgefertigte Kartoffelpuffer. Morgens und abends gab es Brot mit verschiedenen Belägen zur freien Auswahl, leider mit Margarine statt mit Butter, das war der Einfluss meines Vaters, der, trotz gutem Einkommen als Beamter, der super Sparfuchs war (wenn es ums Essen ging, nicht aber so, wenn es um unser Studium, technische Geräte o.ä. ging). So gab es nur die absoluten Billigprodukte (Ja!,…) für den heimischen Kühlschrank, und 15%igen Fruchtsaft und Knäckebrot auf Ausflügen. Samstagmorgens Brötchen und ein Ei, sonntagmorgens Müsli (von Schokopopps und Cornflakes bis Haferschokomüsli, in fettarmer Milch).

Süßkram und Limo war (aus Kostengründen) auf besondere Anlässe beschränkt wie Geburtstage (die es in unserer Familie natürlich häufig zu feiern gab), Weihnachten, Ostern, Neujahr, Urlaub.

Ich erinnere mich gut daran, dass ich schon immer einen Hang für das Deftige hatte. So musste für mich immer Wurst auf mein Frühstücks- und Pausenbrot, während es für meine Mitschüler in der Regel Marmelade und Nutella gab. Ich weiß noch, wie ich wegen meinem „unnormalen“ Essverhalten gehänselt wurde. Überhaupt liebte ich Dinge wie Nahrhaftes, reich an Protein und wichtigen Fettsäuren wie „Schlemmerfilet“, Leberwurst und Markklößchen. Zum Abendessen war es das Größte, wenn es Heringsfilet oder Rollmops in Sahnesauce gab oder eine Dose Muscheln. Bei der Pizzaria musste es die Frutti Di Mare Pizza sein mit viel Tintenfisch. Oh und ich liebte Lebertran! Ich zerbiss sogar die Kapseln, weil ich so verrückt nach dem Geschmack war! Ich muss da intensiv die Bedürfnisse meines Immun- und Nervensystems gespürt haben.

Und dann erinnere ich mich an eine Phase, wo ich mir im Sommer täglich ein Milkshake aus Vanilleeis und einem ganzen Becher Sahne mit meiner Schwester teilte. Als ich mit 14 Jahren das erste Mal bewusst Butter für mich entdeckte auf unserem einzigen Hotelurlaub, war Margarine für mich gestorben, da hatte mein Vater keine Chance mehr und musste in den sauren Apfel beißen und ein paar Pfennig mehr für uns investieren. Als wir irgendwann eine Mikrowelle bekamen, wurde mein Lieblingsabendessen ein Stück Brot mit ordentlich Butter drauf und dick belegt mit verschiedenen fettigen Käsesorten, schön weich und zum Schmelzen gegart.

An eine große Lust auf Gemüse und Rohkost erinnere ich mich gar nicht so, eher sogar an eine Abneigung, als ich einmal von meiner Tante mit großem Gemüsegarten (wir selbst hatten gar keinen) gebratene Zucchini serviert bekam.

Einmal bekam meine Mutter einen „Gesundheitsfimmel“ und wir alle erinnern uns mit Grauen an die trockene „Dinkelphase“ und die blähungsreiche „Rohkostphase“ und wie alle mit so schlimmen Verdauungsproblemen zu kämpfen hatten.

Ich erinnere mich, schon immer eine Abneigung gegen frische Tomaten, Avocados, Zitrusfrüchte etc… gehabt zu haben, doch das stark verarbeitete Zeug, Tomatensauce und die Orangensäfte mit schwindend geringem Orangenanteil, was kaum noch etwas mit dem Ursprungsprodukt zu tun hatte, wie auch mit Haselnüssen und Nutella oder Nougat, das ging immer.

Wohlgemerkt, ich schreibe jetzt nur über meinen Appetit, nicht über die Symptome, die einfach immer schwer und undurchschaubar da waren.

Als ich für mein erstes Studium in meine erste eigene Wohnung zog, kochte ich (wie z.T. auch meine Mutter) mit Maggi und Knorrfix als Grundlage, aber gewann wirkliche Freude daran, immer ein kleines Extra an frischem Gemüse beizufügen. Zuvor hatte ich nur mit Hingabe wunderschöne Salatteller für meine über die Jahre dutzenden von Meerschweinchen gezaubert, aber nie für mich selber.

Als ich dann der veganen Ernährung für zwei Jahre zu folgen begann (Ende 2012 bis Ende 2014), sowie weiteren sehr extremen Ernährungsformen, die natürlich dadurch auch sehr populär waren, hörte ich auf, meinen Instinkten und vertrauten Gewohnheiten zu folgen und ging sehr in den Kopf. Dies aber öffnete mir das Tor, mich wirklich erstmalig ganzheitlich und selbstverantwortlich mit meiner Ernährung auseinanderzusetzen, von bewusstem Verstand und Selbsterfahrung bis schließlich hin zum achtsamen Körpergespür und -feedback und dort wahre Kompetenzen zu entwickeln.

Heute habe ich nun einen großen Permakulturgarten und einen gärtnerverrückten (ehemals rohveganen) Lebensgefährten sowie eine ganze Community um mich und merke immer und immer wieder, dass ich mich nicht nur darauf ausruhen darf, nur die Produkte aus dem Garten, das Obst, das Gemüse, die Hülsenfrüchte und die Eier zu essen, sondern dass ich mich stets aufraffen muss in die „Zivilisation“ und mir Fleisch, Fisch, Meeresfrüchte, Butter, Ziegenfrischkäse, Kokosöl, Kokosmilch,… aber auch energiereiche, stärkereiche glutenfreie Mehle besorgen muss, um mich wirklich fit, stabil und leistungsfähig zu fühlen und ungesunde plötzliche Heißhungerattacken zu vermeiden. Das Gemüse und die frischen Kräuter liebe ich wie verrückt, aber ich merke immer noch, dass ich, im Gegensatz zu meinem Partner, meine Begrenzung habe, wieviel Obst, Rohkost, Hülsenfrüchte und Samen ich zu mir nehmen kann, was mein Darm mitmacht. Die verlässlichste und leichtverdaulichste Energie stammt für jemanden wie mich einfach aus tierischer Quelle oder leicht verdaulicher Stärke. Und ich genieße das heimelige, erdende und wohlig-wärmende Körper- und Lebensgefühl, das sie mir geben.

Außerdem habe ich nach einer Kindheit geprägt von Geiz in Bezug auf Ausgaben für Nahrungsmittel (aber auch andere Dinge für das Wohlbefinden) und einer Zeit als armer Studentin gelernt, den größten Wert auf das, was mich nährt und erhält (auch im weiteren Sinne wie Behandlungen, Wellness, Kurse, Bücher, Ausstattung für mein Haus…) zu legen.

Mit Lebensmitteln, mit denen ich traumatische Erfahrungen gemacht habe und wo es zu neuroimmunologischen Fehlverknüpfungen kam (seien es Lebensmittel aus meiner Kindheit, solche, die ich in stressigen Uniphasen im Übermaß am Schreibtisch gesnackt habe oder die an meinem völligen gesundheitlichen Zusammenbruch beteiligt waren (wie meine schlecht durchgeführten und unbemerkt schimmelig gewordenen Fermente (derzeit lese ich deswegen, um mich wieder an das Thema heranzutasten, dieses Buch, für das ich selber ein Kapitel über Histamin verfasst habe) oder andere Lebensmittel, die ich schlichtweg früher aufgrund meines ungesunden Darms schlecht verstoffwechselt habe), setze ich mich nun Stückchen für Stückchen in neuem Kontext und sehr achtsam wieder auseinander. Aber auch mit anderen Einflüssen und Ereignissen aus diesen Zeiten, für ganzheitliche Heilung an Leib, Herz und Seele.

Was ist mein Fazit daraus? Lasst uns gemeinsam reflektieren und Erfahrungen zusammen bringen. Dies ist ja ein völlig neues Feld der Ernährungsforschung, das noch nichtmal einen Namen besitzt. Und wenn wir wirklich tief blicken, könnten wir noch so viel mehr nicht nur aus unserer Ernährungs- sondern unserer gesamten Gesundheitsautobiographie herauslesen.

Man kann es so zusammen fassen, dass es sich wie immer lohnt, in die Selbsterforschung zu gehen, man nach und nach eine eigene „Bedienungsanleitung“ für sich schreibt (wir kommen ja leider ohne auf die Welt) und diese über die Jahre und Jahrzehnte weiter verfeinert, Details und neue Extras hinzufügt, auf diese Weise dem sich weiter annähert, was einen wirklich in der gesunden Mitte hält (auch in völlig neuen Lebenskontexten, wie bei mir die Auswanderung + Scheidung + plötzliche Verantwortung für Farm und Familie). Und sich selbst die Erlaubnis gibt, danach zu leben. Nicht nur in Bezug auf Ernährung!

Man stellt fest, wenn man seine eigene Geschichte betrachtet, dass manches einen von der Gesundheit weggebracht hat, aber es da auch einen roten Faden gab, wo man von wirklicher Wahrheit, von einem guten Bauchgefühl geleitet wurde, und diese Wahrheit nun annehmen und bewusst leben darf, so merkwürdig oder wenig gesellschaftstauglich sie zum Teil auch erscheinen mag (vegane Ernährung hat einfach immer noch einen attraktiveren Ruf als beispielsweise die Carnivorernährung oder Keto. Wobei ich früher (auch in meiner veganen Zeit schon) gerne Fantasyromane las mit wunderschönen, mutigen Heldinnen, die gerne blutige Steaks, Sushi und Burger aßen, die sich in Raubtiere verwandeln konnten ;-)).

Aber auch, dass man von dieser Autobiographie als Plattform ausgehend nun bewusst an einer noch besseren Ernährungszukunft für sich arbeiten und stets neue und noch gesündere Lebensmittel entdecken darf. Bei vielen, wie bei mir selbst, geht dies nur im Schneckentempo und nie ganz ohne Symptome vonstatten, aber es ist möglich (die Inhalte meines Blogs, meiner E-Books und meiner Kurse können dir zu der ein oder anderen Abkürzung verhelfen).

Klientin Edyta (aus dem Osten stammend, 64 Jahre) aus einem meiner Kurse machte eine ähnliche Erfahrung. Vergebens versuchte sie sich neuerdings an der Paleoernährungsweise mit all den glutenfreien Mehlen wie Maniok und Co., wie sie mir zum Beispiel gut tun. Wir gingen dann in einem Gespräch zusammen ihre Kindheitsernährung durch.

„Glutenfrei macht mir Probleme, liegt wie Stein im Magen. Dinkel und Weizen tun mir gut. Milchbrötchen, Pudding, Milchbrei, Reisbrei.. alles was warm und schlunzig ist… Bissle Obst dazu und fertig ist verträgliches Essen. Genauso bei Suppen und Eintöpfen. Milchnudeln zum Beispiel auch. In die Suppen schmeiße ich immer Reis mit rein .. dann wird es so sämig; Grießsuppen.. alles halt was so schlonzig ist; hat mir meine Oma gekocht und dann auch meine Mutter .. jetzt esse ich nach dem Krankenhaus auch wieder so und das legt sich wie so ein Schutzfilm auf die Darmwände.“

Wie wir sehen, ist Ernährung stets eine sehr individuelle, persönliche und auch emotionale Erfahrung. Wir arbeitenden für Edyta eine Ernährungsweise heraus, bzw. eine Strategie, wie sie für sich selbst weiter aufbauen kann, die ihr erstmal im Hier und Heute Halt gibt. Mehr wäre mit der Ernährung an dieser Stelle nicht rauszuholen gewesen. Als größte Baustelle und Trigger für ihren Krankheitsausbruch stellte sich ohnehin nicht die Ernährung heraus, sondern viel tiefer liegende und komplexere Dinge… (Mit der Zeit konnte sie mehr und mehr Dinge in ihre Ernährung mit hineinnehmen, erlitt leider nach der Boosterimpfung einen heftigen Rückfall, dazu aber an anderer Stelle mehr).

Wie wäre es mit folgender Schreibübung für dich: Schreibe deine eigene Ernährungsautobiografie, nimm dir dafür Tage, Wochen,… Zeit, verfeinere sie immer weiter. Welche AHA Erlebnisse gibt es bei dir? Was für Rückschlüss gibt es dir auf dein weiteres Leben, deine Weltsicht, deine immer wieder kehrenden Challenges, deine persönliche Lebensstrategie (was funktioniert gut für dich, was nicht)? Teile sie gerne mit uns!

Du hättest gerne eine Abkürzung beim Finden deiner idealen Ernährungsweise und brauchst noch weiter Bestärkung für deinen Weg und Hilfe aus den Wirren der ganzen scheinbar widersprüchlichen Empfehlungen heraus? Dazu wird dir dieser Ratgeber von mir mit praktischen Arbeitsblättern, Fragebögen und Analysen eine große, sehr vertiefende Hilfe sein:

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