Inneres Wachstum in Zeiten der Ungewissheit

Die derzeitige Coronavirusausnahmesituation konfrontiert einen jeden von uns mit einer Situation, die kaum zu begreifen ist, die sich nicht fassen lässt. Wir wissen nicht mehr, was Wahrheit ist. Die Welt scheint still zu stehen. Auch vor den Azoren hat sie nicht Halt gemacht. Erste Fälle sind auf den Nachbarinseln nachgewiesen worden, vor den Kassen in den Supermärkten sind dicke Plexiglasscheiben installiert worden und es gibt strenge Auflagen dazu, wie man sich im Supermarkt zu verhalten hat. Behörden, Schulen, Kirchen und Läden sind geschlossen. Ich dachte zunächst, es ließe mich kalt, denn Homeoffice gehört seit vielen Jahren zu meinem Alltag, diesbezüglich änderte sich nichts für mich.

Und doch kriecht diese seltsame Gefühl am Ende zu jedem durch. Es wird klar, dass etwas in der Luft liegt. Hochsensible spüren es ganz besonders. Es rührt an unserem Ego/inneren Kind/Amygdala. So haben wir doch alle einen Preis, eine größte Angst, Trigger aus alten Zeiten oder einen Bereich im Leben, wo wir gerade enorm verwundbar und wackelig sind. Wo bringt mich die derzeitige Situation tiefer in meine Komfortzone, wo total aus ihr heraus? Welche Art von Nachrichten bringt mir derzeit das Herz zum Rasen, ruft starke Gefühle in mir hervor? Schon immer war es so, dass solche Geschehnisse alte, noch unverheilte Wunden in uns aufrissen. So geschah es auch bei den Anschlägen des 11.Septembers oder beim Tod von Prinzessin Diana. Intensive und erschütternde Emotionen gingen um die Welt. Viele wurden mit sehr alten Ängsten und alter Trauer wie aus heiterem Himmel konfrontiert.

Ja, wir alle werden gerade mit unserer Endlichkeit konfrontiert. Sei es mit unserer Sterblichkeit, aber ebenso, dass wir manches nicht retten können, wie unser geliebtes Geschäft, oder dass wir das Gefühl haben, alleine und schwach zu sein, völlig überfordert, fehlende Ressourcen… Wut kann aufkommen, die ganze Gefühlspalette. Opfergedanken.

Ich selbst habe letzten Herbst meine Komfortzone verlassen und bin in die Ferne aufgebrochen. Und nun sitze ich auf einer Insel in einem Land, dessen Sprache ich erst rudimentär kann. In diesen Tagen kam nun das erste Mal Heimweh auf…. Erst jetzt beginne ich zu begreifen, wie sehr ich in den letzten Jahren von verschiedensten äußeren Ressourcen abhängig gewesen bin, die mir Halt und Routine gegeben haben. Der Reitstall, die Ausritte mit meinem Pferd, meine Yogagruppe, Qigong, Aroha, meine Familie, meine Freunde, Nachbarn, mein Bioladen… Und ich sitze hier allein (naja, Gott sei Dank nicht ganz alleine) ohne meinen Mann Patrick in einem Haus, das fast jeden Tag mit neuen Baustellen überrascht und wo täglich viel Instandhaltungsarbeit anfällt. So hatte ich mir das nicht vorgestellt! Aber alle Flüge sind gecancelt, es dürfen keine Schiffe ein- oder auslaufen und niemand wird mehr reingelassen. Und ich lehne mich innerlich auf, ein altes Gefühl von Platzangst überkommt mich…

Ich weiß um Leute, die mich sehr beneiden um das, was ich hier habe. Auch was ich gesundheitlich erreicht habe. Und zugleich weiß ich, dass diese Leute niemals den Preis zu bezahlen bereit gewesen wären. Nichts kommt für umsonst im Leben und ich bezahle weiterhin täglich. Das Gesetz der Polarität…

Ein gutes Telefonat gestern ließ mich zur Ruhe kommen. Den innerlichen Kampf aufgeben. Ich kann nicht so weitermachen wie bisher. Kann nicht erwarten, dass ich hier in etwas völlig Neues eintrete und denken, die Dinge könnten einfach so weiterlaufen wie früher. Ich kann nicht die Selbe bleiben. Und es ist okay, sich schwach, alleine, hilflos und machtlos zu fühlen. Ja, die Welt wird nie mehr so sein, wie sie war. Auch mit einer schweren Nahrungsmittelintoleranz oder einer Erkrankung konfrontiert zu sein, kann diese Gefühle mit sich bringen. Wir wollen uns am Alten festhalten… Doch es geht nur nach vorne. Vielleicht mit einer Pause zwischendrin, um innezuhalten, und uns selbst zu begegnen und die Selbstliebe zu erlernen an unserem verwundbarsten Punkt?

Kann ich lernen, mich mehr auf meine inneren Ressourcen zu verlassen? Sie auszubilden? Auch die neuen, die diese Situation erfordert? Kann ich eine starke Frau mit einem eigenen Haus und Land werden, unabhängig von einem starken Mann an meiner Seite? Und damit Patrick sogar noch mehr Freiraum zur Entfaltung verschaffen?

Ich erlebe es immer wieder: Wenn wir uns mit einer Situation konfrontiert sehen, so war da immer ein (unbewusster) Teil in mir, der sich diese Erfahrung gewünscht hat. Der sie braucht. Damit wir zu dem werden können, was uns bestimmt ist. Damit wir von unseren alten Ängsten gereinigt und befreit werden. Im Feuer geschmiedet. Können nicht auch die Entzündungen einer Autoimmunerkrankung wie ein reinigendes Feuer angesehen werden?

Können wir unsere Augen nun auf das lenken, was wir Hier und Heute tun können? Was jetzt wirklich wichtig ist?

Im Augenblick ist es nur schwerlich möglich, in die Zukunft zu planen. Deswegen kleine Schritte. Ein Schritt vor den anderen. Akute Baustellen angehen, was ich im Augenblick tun kann, mit meinen beiden Händen. Davon gibt es genug. Und mit jedem Schritt lichtet sich der Nebel ein Stück weiter. Auch ein Innehalten und Durchschnaufen ist jederzeit erlaubt. Wenn du nicht weiter weißt, dreh dich einmal langsam um die eigene Achse und gewinne wieder den Überblick, so die weisen Worte, die mir gestern am Telefon mitgegeben wurden.

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Die derzeitige #Coronavirusausnahmesituation konfrontiert einen jeden von uns mit einer Situation, die kaum zu begreifen ist, die sich nicht fassen lässt. Wir wissen nicht mehr, was Wahrheit ist. Die Welt scheint still zu stehen. Auch vor den Azoren hat sie nicht Halt gemacht. Erste Fälle sind auf den Nachbarinseln nachgewiesen worden, vor den Kassen in den Supermärkten sind dicke Plexiglasscheiben installiert worden und es gibt strenge Auflagen dazu, wie man sich im Supermarkt zu verhalten hat. Behörden, Schulen, Kirchen und Läden sind geschlossen. Ich dachte zunächst, es ließe mich kalt, denn Homeoffice gehört seit vielen Jahren zu meinem Alltag, diesbezüglich änderte sich nichts für mich. Und doch kriecht diese seltsame Gefühl am Ende zu jedem durch. Es wird klar, dass etwas in der Luft liegt. Hochsensible spüren es ganz besonders. Es rührt an unserem Ego/inneren Kind/Amygdala. So haben wir doch alle einen Preis, eine größte Angst, Trigger aus alten Zeiten oder einen Bereich im Leben, wo wir gerade enorm verwundbar und wackelig sind. Wo bringt mich die derzeitige Situation tiefer in meine #Komfortzone, wo total aus ihr heraus? Welche Art von Nachrichten bringt mir derzeit das Herz zum Rasen, ruft starke Gefühle in mir hervor? Schon immer war es so, dass solche Geschehnisse alte, noch unverheilte Wunden in uns aufrissen. So geschah es auch bei den Anschlägen des 11.Septembers oder beim Tod von Prinzessin Diana. Intensive und erschütternde Emotionen gingen um die Welt. Viele wurden mit sehr alten Ängsten und alter Trauer wie aus heiterem Himmel konfrontiert. Ja, wir alle werden gerade mit unserer #Endlichkeit konfrontiert. Sei es mit unserer #Sterblichkeit, aber ebenso, dass wir manches nicht retten können, wie unser geliebtes Geschäft, oder dass wir das Gefühl haben, alleine und schwach zu sein, völlig überfordert, fehlende Ressourcen… Wut kann aufkommen, die ganze #Gefühlspalette. #Opfergedanken. Ich selbst habe letzten Herbst meine Komfortzone verlassen und bin in die Ferne aufgebrochen. Und nun sitze ich auf einer Insel in einem Land, dessen Sprache ich erst rudimentär kann. Erst jetzt beginne ich zu begreifen,[…] Fortsetzung auf Blog, Link in Bio.

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Bleibt stark. Bleibt wachsam, bleibt im Fluss. Erlaubt euch, eure Gefühle tief zu fühlen. Die ganze bunte Palette gehört zum Menschsein dazu. Ins Loch der Ungewissheit und Hingabe zu fallen. Und ohne, dass ihr damit wieder andere triggern müsst. Nicht weitergeben, sondern selbst sehr präsent mit ihnen sein, euch ihnen nähern. Bewertet Informationen nicht nach ihrem Inhalt, sondern nach der Intention und der Energie, aus der heraus sie weitergegeben wurden. Aus einem Egotrip heraus, aus Angst und Reaktivität? Aus Liebe, Fürsorge, Weitsicht? Es ist derzeit ein schmaler Grat. Wir müssen uns in jedem Augenblick selbst über die Schulter schauen. Vergebt. Denen, die verantwortlich sind, aber auch jenen, die derzeit schwach sind. Lasst los, beobachtet, aber erlaubt euch weiterhin, zu hinterfragen.

Tief durchatmen. This too shall pass.

Unser psychisches Immunsystem wird derzeit sehr durch die Muckibude geschickt. Unsere geistige Entscheidungsfähigkeit, was darf rein, was bleibt draußen? WARUM reagiere ich darauf? Wo habe ich Bereiche, an denen Heilungsarbeit nötig ist?

Und was ist das Gute, das Heile in mir, das ebenso ans Licht tritt in dieser Ausnahmesituation? Eine Klientin erzählte mir die Tage in einem Gespräch, wie sie mit ein paar freundlichen Worten, die aus dem Herzen kamen und wo sie selbst über den Mut dafür überrascht war, einem überarbeiteten Supermarktangestellten die Tränen der Rührung in die Augen trieb (und mir ebenso, als ich ihr zuhörte). Ein Klient erzählte, wie er seiner Frau wieder näher kam. Einer anderen (sehr Sensiblen und Geräuschsensitiven, die sehr viel Zeit zum Kochen und Essen vorbereiten aufwänden muss) wurde der verzweifelte Wunsch nach Homeoffice endlich erfüllt und ihr Freund muss (und darf) verlängert bei ihr in Deutschland bleiben. Plötzlich fand sie zu ihrer alten Kreativität zurück. Eine Freundin kam endlich zu dem erleichternden Schluss, ihr Café zu verkaufen, um mehr Zeit und Kraft für ihre Familie zu haben. Eine Zeit der Wandlung, der Reinigung, der Erneuerung.

Ich selbst hatte die Eingebung, mir in dieser Situation Spruchkärtchen aufzuhängen und Dankbarkeitstagebuch zu führen. Was tust du derzeit, um innere Arbeit zu tun und dir selbst Halt zu geben? Wie wäre es jetzt mit einem intermittierenden Medienfasten? Bitte teile mit uns deine Gedanken. Lasst uns einander stets gegenseitig an unser Licht erinnern.

Ich möchte dir an dieser Stelle meine Körperübungen und Visualisierungen zum Erden, mit Ängsten umgehen und resilienter werden ans Herz legen. Auch ich benutze diese Übungen täglich und erhalte stets gutes Feedback. Bei schwerem Trauma und Dysautonomie sind gute Gedanken einfach nicht genug.

5 thoughts on “Inneres Wachstum in Zeiten der Ungewissheit

  • 30. März 2020 at 21:09
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    Liebe Doro

    So ein wunderschöner Text. Für mich der beste und authentischste mit ganz viel Seeleninhalt. Hat mich sehr berührt. Ich merke immer öfter ausruhen ausruhen ausruhen steht bei mir gerade an. Kein Kampf mehr. Das tun was gerade gut tut und wirklich wichtig ist. Immer wieder wurde ich von unerwarteten Dingen überrascht. Die Angst davor bringt einen nicht weiter. Pass auf dich auf und halt die Ohren steif

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    • 30. März 2020 at 22:49
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      Danke meine Liebe. Danke, dass wir diesen Weg zusammen gehen dürfen. Wir machen das schon super so! <3 Einfach jeden Tag so gut es geht.

      Reply
  • 26. April 2020 at 23:38
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    Liebe Doro,
    das ist wirklich ein sehr persönlicher Text! Ich übe seit unserem Coaching vor allem wahrzunehmen, wo bin ich gerade im grünen, gelben oder roten Bereich. Leider sehr selten im grünen – aber ich kann es merken, wenn ich aufmerksam bin und das ist eine entscheidende Veränderung. Aber, wie ich schon sagte, mein bester Lehrer ist das Kind. Das Kind (oder besser der Jungendliche) hatte heute Abend sehr viel Bedarf nach Nähe, da er traurig war – um mir am Ende mitzuteilen, dass das Leben eigentlich wunderschön sei, vor allem mit solchen Eltern, die „auf Augenhöhe“ mit ihm Reden und sich wirklich interessieren“. Also im hier und jetzt 🙂
    Und falls du irgendeinen Tipp zu diversen Baustellen hast, frag mich gerne ich / wir renovieren seit fast 20 Jahren einen alten Bauernhof und bauen eine Scheune ökologisch zu Wohnraum um, das meiste davon selbst mit den eigenen Händen und den geeigneten Maschinen…

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    • 18. Mai 2020 at 14:43
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      Danke, meine Liebe. Du machst das genau richtig und ganz wunderbar. Gib dir Zeit. Wir sind da alle auf derselben Reise.
      Herzliche Grüße,
      Doro

      Reply
  • Pingback: Zurück ins Leben – Interview mit Renate Vollmer – Philosophie des Gesundwerdens

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