Antihistaminika wie Ceterizin, aber auch viele andere Medikamente, die z.B. bei Problemen mit den Atemwegen, der Verdauung, bei Schmerzen und bei Problemen mit der Stimmung oder dem Schlaf eingesetzt werden, gehören zu den anticholinergen Arzneistoffen. Das heißt, dass sie die Aktivität von Acetylcholin blockieren, eines natürlichen und eines unserer wichtigsten Neurotransmitter in unserem Nervensystem.
Acetylcholin wirkt nicht nur in unserem Gehirn, sondern auch im Nervus vagus, sowie in den Neuronen unserer vitalen Organe, z.B. unseres Herzens, der Nebennieren, der Lunge, des Verdauungstrakts, der Haut, der Muskeln, des Urogenitaltrakts und der Augen. Der Entdecker von Acetylcholin, Otto Loewi, bezeichnete es 1921 als „Vagusstoff“. Acetylcholin wirkt somit in unserem zentralen und peripheren Nervensystem. Besonders seine starken Auswirkungen auf unseren wichtigsten Steuernerv für alle Organe und ihren Stoffwechsel, des Nervus vagus, macht es so kritisch, nicht leichtfertig in das cholinerge System unseres Körpers einzugreifen.
Acetylcholin (aktiviert den Parasympathikus, die Entspannungsachse unseres Nervensystems, unsere innere „Bremse“) hat eine hemmende und beruhigende Wirkung und ist der Gegenspieler von Adrenalin und Noradrenalin (aktiviert den Sympathikus, die Stressachse, unser inneres „Gaspedal“).
Acetylcholin ist involviert in unser Lernen und Gedächtnis, und auch all diese Organe und Gewebe können in ihren Nerven sogenannte „Körpererinnerungen“ mit sich tragen, die nie vollständig verarbeitet werden können, wenn dieses empfindliche System für zu lange Zeit gestört wird. Durch ihre Auswirkungen auf das Gehirn sind anticholinerge Medikamente förderlich für kognitive Leistungseinbrüche, Probleme mit Fokus, Demenz und Alzheimer, aber auch innere Unruhe und schlechte Impulskontrolle. Man bezeichnet diese Medikamente auch als „Parasympatholytika“.
Die langfristigen Nebenwirkungen in unseren übrigen Organen können sein: Mundtrockenheit, Zahnfleischprobleme, Appetitlosigkeit, Sehstörungen, erhöhter Augeninnendruck, Lichtempfindlichkeit, Augentrockenheit, Verstopfung, Dünndarmfehlbesiedlung, erhöhte gastrointestinale Permeabilität, verminderte Sekretion von Verdauungsenzymen, häufige Blasen- oder Harnwegserkrankungen, erhöhter Puls, Hauttrockenheit, erhöhtes Risiko für Hautbarriereprobleme, Muskelsteifheit und -schmerzen, Erschöpfung, erhöhtes Risiko für eine Dysautonomie.
Je länger der Gebrauch und je höher die Dosis (oft beobachte ich leider nicht nur den Gebrauch eines, sondern einer Vielzahl an Medikamenten gleichzeitig), desto größer das Risiko für negative Einflüsse. Es ist einfach wichtig zu verstehen, dass der parasympathische Zustand unseres Nervensystems grundlegend wichtig ist für optimale Verdauung, Nährstoffaufnahme, Entgiftung (von Toxinen und nervlichen Reizen), Regeneration, auch Wachstum neuer Haut, der Haare, Muskelaufbau und Bildung neuer synaptischer Verbindungen.
Für den Moment mögen diese Medikamente Erleichterung verschaffen, bei Langzeitnutzung bringen sie leider unser gesamtes System schleichend aus der Balance, was auch die Empfindlichkeit von Immunzellen wie Mastzellen erhöht. Ich kann aus diesem Grund nur wieder dafür plädieren, diese Medikamente nur für kurzzeitige Krisensituationen zu nutzen, aber dann gleichsam daran zu arbeiten, Stressoren zu identifizieren und den Lebensstil nach und nach zu optimieren.
Medikamente sind ursprünglich für Notsituationen geschaffen worden (und für diese können wir sehr dankbar sein, dann auf sie zugreifen zu können) und stellen immer einen Kredit dar, der an anderer Stelle wieder zurückgezahlt werden muss. Ich selbst habe das durchgemacht nach über 20 Jahren Nutzung von Kortison und (zum Glück nur sehr wenigen) anderen Medikamenten und Präparaten (und dabei einem miserablen Gesundheitsstatus) und erlebe es immer wieder bei meinen Klienten. Es ist für die meisten von uns möglich, den Körper soweit in die Balance zu bringen, dass man (im normalen Alltag) unabhängig wird von Medikamenten, doch der Weg dort hin kann viel Geduld, Mut und Einsatz- (manchmal auch Verzichts-)bereitschaft erfordern. Aber es ist es wert und je früher man damit anfängt, desto leichter wird es, und es gibt viele natürlichere, sanftere und nachhaltigere Alternativen.
Achtung: Wenn du zur Zeit Medikamente nimmst, besprich dein weiteres Vorgehen bitte in Ruhe mit deinem Arzt. Wie gesagt, mach dich jetzt nicht verrückt, wenn du zur Zeit Medikamente nehmen musst, aber beginne zugleich auch, langfristig zu denken und zu planen.
Quellen:
www.drkarafitzgerald.com/2016/10/13/what-are-antihistamines-doing-to-our-brains
Medikamentenlisten: www.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-412013/erkennen-erklaeren-ersetzen/
Han, L., Agostini, J. V., & Allore, H. G. (2008). Cumulative anticholinergic exposure is associated with poor memory and executive function in older men. Journal of the American Geriatrics Society, 56(12), 2203-2210.
Cai, X., Campbell, N., Khan, B., Callahan, C., & Boustani, M. (2013). Long-term anticholinergic use and the aging brain. Alzheimer’s & Dementia,
Kachru, N., Carnahan, R. M., Johnson, M. L., & Aparasu, R. R. (2015).
Potentially inappropriate anticholinergic medication use in older adults with dementia. Journal of the American Pharmacists Association, 55(6), 603-612.
Carrière, I., Fourrier-Reglat, A., Dartigues, J. F., Rouaud, O., Pasquier, F., Ritchie, K., & Ancelin, M. L. (2009). Drugs with anticholinergic properties, cognitive decline, and dementia in an elderly general population: the 3-city study. Archives of internal medicine, 169(14), 1317-1324.
Kalisch Ellett, L. M., Pratt, N. L., Ramsay, E. N., Barratt, J. D., & Roughead, E. E. (2014). Multiple anticholinergic medication use and risk of hospital admission for confusion or dementia. Journal of the American geriatrics society, 62(10), 1916-1922.
Gray, S. L., Anderson, M. L., Dublin, S., Hanlon, J. T., Hubbard, R., Walker, R., … & Larson, E. B. (2015). Cumulative use of strong anticholinergics and incident dementia: a prospective cohort study. JAMA internal medicine, 175(3), 401-407.
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Liebe Doro!
Als erstes möchte ich dir für diese tolle Seite mit den vielen Informationen danken!
Ich bin erst seit ein paar Wochen mit der Diagnose Leaky Gut, Histaminintoleranz, Fructosemalabsorbtion und MCAD konfrontiert, und jede Information, jeder Tipp sind für mich hilfreich.
Bezgl. dieses Artikels möchte dich auf eine kleine Unstimmigkeit aufmerksam machen, die mir gerade begegnet ist: Offenbar gibt es auch zumindest 1 Antihistaminikum, das keine anticholinergene Wirkung hat, schau mal: Quelle z. B.: https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/1997/daz-49-1997/uid-2443
Ich hoffe die Info ist für dich interessant.
Liebe Grüße und alles Gute für dich!♥
Erstmal herzlich Willkommen, liebe Karin, und danke für deinen Beitrag! Ich habe mich gerade mal dazu auf die Schnelle belesen. Auch interessant auf Wikipedia: „Fexofenadin wurde zunächst als Nachfolger von Terfenadin entwickelt und ersetzte es danach in vielen Ländern, da Terfenadin dort wegen schwerwiegender Nebenwirkungen vom Markt genommen wurde (Ausnahme: Deutschland […])“.
Schau dich gerne ausführlich um auf meinem Blog und meinen anderen Kanälen. Es ist gut, dass es Medikamente für die schwersten Zeiten gibt, aber man kann auch jede Menge tun, um dem Körper zu helfen, wieder sein volles Potential zu entfalten, nebenwirkungsfrei. Falls du noch nicht bist, trage dich gerne in meine E-mailliste ein und hole dir dazu mein kostenloses E-book!
Liebe Grüße,
Doro
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Hallo,
einige meiner Probleme kann ich mit Naturheilmittel und Diät im Zaum halten nur die cronischen Schlafstörungen leider nicht. Melatonin und pflanzliches reichen nicht, tragen evtl dazu bei, „nur“ Trazodon und H1 Antihistaminika mit den Wirkstoffen Diphenhydramin und Doxylamin einzunehmen. Leider bedeutet jede Nacht mit keinem oder kaum Schlaf Öl ins Feuer zu gießen – ein Teufelskreis.
Lieben Gruß aus Wien
Hallo! Danke fürs Teilen deiner Erfahrungen. Das klingt ja wirklich ernsthaft, wie lange geht das denn schon so? Schlaf ist ein mega komplexes und zugleich absolut wichtiges Thema, da war ich auch schon komplett am Ende. Machst du schon etwas fürs Nervensystem?
Schau mal hier: https://www.philosophie-des-gesundwerdens.de/soundtherapie/
https://www.philosophie-des-gesundwerdens.de/neurosensorische-koerperuebungen-zur-verbesserung-der-resilienz-und-selbstregulation/
Stöbere zu dem Thema auch weiter auf meiner Seite, da gebe ich viel Hilfestellung.
Herzliche Grüße,
Doro
Hallo Doro,
Bin auf der Suche in Zusammenhang von Long COVID Symptom Atemprobleme nach Omikron zufällig hier gelandet.
Hatte den Virus im März, milder Verlauf.
2 Monate danach hatte ich ganz plötzlich Atemnot und Herzrasen. Dachte zuerst an eine allergische Reaktion. Hab aber keine Allergien.
Nach vielen Selbstversuchen mit Aconitum, CBD Öl und co. konnte ich feststellen, dass mir alle Mittel, die mich entspannen, sehr gut über die Runden bringen.
Auffällig dabei ist die Einnahme von Cetritizin.!
Das hilft am besten.
Wie gesagt, Allergie spielt hier keine Rolle.
Im Netz und sogar in der Tagesschau wurden diese Symptome nach Omikron genannt. Oft bei Frauen.
Haarausfall ist auch schon bekannt. Hatte ich auch lange.
Nachdem mir beruhigende Mittel helfen , wurde mir vom Doc eine psychosomatische Störung nahe gelegt.
Ich vermute , das bei dieser Atemnot das zentralen Nervensystem bei diesem Long COVID Symptom eine Rolle spielt und nicht die Lunge selbst.
Darum nehme ich auch an, dass alle Mittel, die das ZNS beeinflussen hier helfen könnten.
Kann das sein oder spinne ich mir da was zusammen?
Danke
LG
Barbara
Liebe Barbara,
ich danke dir für deinen Kommentar und deinen Bericht. Das klingt mir nach einer Dysautonomie bei dir. Nervensystem und Mastzellen sind engstens verbunden. Es ist sehr typisch was du beschreibst. Meine ganz ehrliche (auch am eigenen Leib, dazu schreibe ich hier auch unter dem Stichwort „Corona“) Erfahrung ist, dass alles Symptom einer größeren Sache sind. Die Menschheit ist ausgebrannt. Wo immer ich von Coronafällen mit solchen Folgeerscheinungen höre bei Angehörigen, Klienten,…., ging der gesamten Geschichte immer eine größere Belastungszeit voraus und die Person fällt insgesamt in den Burnout Rattenschwanz. Erst haut einen ein Infekt um und man ist für kurz oder länger sehr platt, und dann bleibt etwas zurück… Das Nervensystem ist im gesamten aufgrund einer vorausgegangenen Geschichte, die größer ist, als man zumeist denkt, dauerhaft verschaltet. Lies zB auch hier:
https://www.philosophie-des-gesundwerdens.de/2018/04/16/dysautonomie-wenn-das-vegetative-nervensystem-aus-dem-gleichgewicht-geraet/
Findest du dich darin wieder?
Meine Empfehlungen für dich dieser detaillierte Videokurs:
https://www.philosophie-des-gesundwerdens.de/biologie-philosophie-des-gesundwerdens/
Und dann könnte mein Vagustraining etwas für dich sein in diesem Fall:
https://www.philosophie-des-gesundwerdens.de/soundtherapie/
Die besten Wünsche,
Doro