Ich blieb in dem verschimmelten Gebäude der Meeresbiologie. Ich wusste nicht so recht, was ich ansonsten machen sollte. Ich bin kein Mensch, dem es leicht fällt sich zu beschweren (aber ich arbeite daran) und mir wurde beigebracht, Dinge durchzuziehen und mich durchzubeißen. Aber ich ging jeden Tag mit einem mulmigen Gefühl in mein Praktikum. An einem Morgen bemerkten wir, dass das Futter von den Maifischen, die hier nachgezüchtet werden, stark verschimmelt war. Und wir hatten uns schon gewundert, warum in der letzten Zeit jeden Tag ein paar mit neurologischen Störungen, die wenige Stunden später tot aufgefunden wurden, im Becken herumschwammen. Ich nutzte die Gelegenheit, um vorsichtig das Vorhandensein von Schimmel in dem Gebäude anzusprechen, allerdings ging niemand so recht darauf ein.
Meine Erkältung ging irgendwie nicht so richtig weg. Ich hatte immer noch, besonders in dem Gebäude ausgeprägt, mit starker Schleimbildung im Rachen zu kämpfen und war mich ununterbrochen am Räuspern. Besonders schlecht fühlte ich mich im Keller. Während Seminaren schlief ich fast ein und ich musste mich ziemlich am Geländer hochziehen, um mich die Stufen zurück ins Erdgeschoss zu schleppen (Mykotoxine sorgen für eine verschlechterte Sauerstoffversorgung von Gehirn und Muskeln). Meine Laune war sehr instabil. Ich geriet zwar nicht mehr in Streits mit Patrick, weil ich mir nun vom Verstand her sagen konnte, dass nicht er der Feind war, aber die emotionale Verstimmung blieb und ich sah irgendwie alles sehr schwarzseherisch.
Auf den Tipp von einer aus einem Neurodermitisforum hin begann ich nun, auch meine eigene Wohnung nach Schimmelquellen zu untersuchen. Mit Beginn des nasskalten Wetters häufen sich nämlich auch nun die Meldungen von Betroffenen in den Foren, dass ihre Neurodermitis aufflammt. Konnte es am aufblühenden Schimmel in der Umgebung liegen? Ich reinigte die Fugen der Duschfliesen, meinen Kühlschrank und meine Waschmaschine (eine häufige Schimmelquelle! Ich gebe nun jedem Waschgang ein paar Tropfen Teebaumöl zu, ein ätherisches Öl das antifungizide Wirkung besitzt und mache – auf den Tipp meiner Heilpraktikerin hin – nun ab und zu einen Waschgang bei 90°C um Biofilme abzutöten), außerdem bildet sich immer in den Ecken unserer Dachschrägenfenster ein bisschen Schimmel.
Und dann besah ich schließlich unsere Matratze von unten. Zunächst war nichts zu sehen und ich wollte schon erleichtert aufatmen. Doch dann hob ich sie weiter an bis zu der Stelle, wo unsere Torsos aufliegen. Schimmel. Große schwarze Flecken. Besonders da, wo die Matratze auf dem Lattenrost aufliegt, der auch selbst betroffen war. Ich war vollkommen geschockt. Und dann musste ich laut lachen. Ernsthaft? Ich schränke mich so sehr beim Nahrungshistamin ein über all die Zeit und dann schlafe ich Nacht für Nacht auf einer schimmligen Matratze?! Es kann doch einfach nicht wahr sein. Und so, wie die Matratze aussah, hatte dies nicht erst vor kurzem begonnen. Kein Wunder, dass die Neurodermitis bei feuchtkaltem Wetter immer schlimmer wird, die idealen Bedingungen für Schimmelwachstum. Und dann wird einem erzählt, es läge an der „trockenen Heizungsluft“. Ein echter Witz!
Da Wochenende war, hieß es nun, auf der Couch schlafen, aber Anfang der Woche entsorgten wir erstmal die alten Teile und besorgten uns einen neuen Lattenrost und Matratze, außerdem eine Auf- sowie Unterlage. Außerdem nutzte ich das leere Schlafzimmer, um erstmal alles gründlich zu entstauben und abzuwaschen und wusch Decken und Kissen heiß. Und ab jetzt lassen wir tagsüber die Decken zurückgeschlagen, damit das Bett gut ausdünsten kann (man verliert bis zu 1 Liter Schweiß pro Nacht) und lüften abends noch ein zweites Mal kurz (ansonsten haben wir uns eigentlich an alles gehalten wie Bett nicht direkt an der Wand und nichts drunter aufbewahrt, gut gelüftet und Tür immer geschlossen gehalten zu den warmen Räumen, allerdings kühlt es im Winter extrem stark aus, da wir in einer ausgebauten Scheune wohnen). Ich weiß nicht, ob es am Schimmel liegt oder an Hausstaubmilben, auf jeden Fall ist es sehr auffällig, dass ich nun auch in meinem Bett eine sehr freie Nase habe, während es früher so war, dass sobald ich mich ins Bett gelegt habe, meine Nase zuging. Auch habe ich das Gefühl, das Patricks Schnarchen weniger geworden ist.
Anfang der Woche hatte ich eine Sicherheitsbelehrung für die Labornutzung für meine Masterthesis, hier wurde über den Umgang mit allen möglichen Gefahrenstoffen und das richtige Verhalten bei Notfällen gesprochen. Im Anschluss ging ich spontan zu dem Prof, um ihn zu fragen, was man macht, wenn man merkt, dass man auf etwas am Arbeitsplatz allergisch reagiert, denn ich hatte immer noch starke Probleme. Er zog mir immer mehr aus der Nase, sodass ich konkreter wurde und bat, später nochmal in sein Büro zu kommen. Dort sagte er mir, dass auch er und einige andere auf etwas in diesem (sehr neuen) Gebäude der Uni, in dem sich sein Büro befand, stark mit den Atemwegen reagieren. Zuhause, mitten in der Stadt, könne er frei atmen und fühle sich insgesamt deutlich besser. Er vermutete eine Schimmelbildung in den Klimaanlagen in dem neuen Gebäude. Da er Professor für Bodenkunde und Fachmann für Mikroorganismen ist, hatte ich ein sehr interessantes und aufschlussreiches Gespräch mit ihm. Er interessierte sich sehr für meinen Fall und hielt es für sehr wichtig, dem nachzugehen. Er sagte mir auch, dass ich das auf keinen Fall auszuhalten brauche und wir eine andere Lösung finden könnten. Ich sagte, dass ich drüber nachdenken würde und bat ihn, jetzt aber für keinen Wirbel in der Meeresbiologie zu sorgen. Mir war das ganze ziemlich unangenehm. Aber gleichzeitig war es so befreiend, mit jemandem darüber sprechen zu können, der einem glaubte und verstand, dass ich am liebsten geweint hätte. Aus Dankbarkeit gab ich ihm einige Tipps gegen Histamin (besonders mit dem Vitamin C), besonders für die Pollensaison und er interessierte sich sehr dafür und versprach, es mal auszutesten. Außerdem sagte er, dass er Proben aus den Gebäuden nehmen würde, um dem ganzen auf den Grund zu gehen, da es eine unzumutbare Gesundheitsbelastung für die Mitarbeiter darstellen könnte.
Am Dienstag begann ich mich schlechter zu fühlen und merkte, dass sich schon wieder eine Infektion anbahnte, nur zwei Wochen nach der ersten. Ich ging früh nach Hause und verbrachte den Rest des Tages teils schlafend auf der Couch. Endlich fasste ich den Entschluss, dass es genug war. Ich setzte mich hier bewusst Gift aus und wofür? Es war es einfach nicht wert. Die Stellen auf meiner Haut wurden langsam auch schlimmer, richtig unangenehm, und ich wusste einfach, dass ich mit Ernährung hier nicht genug ausrichten konnte bzw. mich hätte unfassbar einschränken müssen, und es vor allem keinen Sinn machte, wenn ich doch jetzt die wahre Ursache dafür kannte, warum mein Immunsystem so überschießt und mein Körper soviel Histamin produziert.
Am nächsten Morgen bat ich den Leiter der Meeresbiologie um ein Gespräch, allerdings hatte er erstmal keine Zeit für mich, was vielleicht auch gut so war, denn ich war sehr aufgewühlt und musste mich erstmal auf die Toilette verziehen um ein paar Tränchen zu verdrücken und mir durch den Kopf gehen zu lassen, was genau ich sagen sollte. Als wir dann später redeten, sagte ich einfach, dass ich auf etwas in dem Gebäude stark reagiere, und er erinnerte sich auch noch an meinen Hautzustand vor einem Jahr, da es so schlimm gewesen war, dass man es nicht hatte übersehen können. Er überlegte noch, ob es daran lag, dass in dem Meersalz Aluminiumverbindungen als Antiklumpmittel drin waren, da ich besonders mit den Händen reagierte, aber es erklärte ja nicht, warum ich auch eine Stelle am Hals bekam und meine Lippen schlechter wurden und ich es im Hals merkte. Außerdem hatte ich vor einem Jahr und im Sommer auch nicht mit den Aquarien direkt Kontakt gehabt. Aber er glaubte mir und sagte, dass für das kommende Jahr ein Umzug in ein anderes Gebäude geplant war. Es erleichterte mich sehr, dass es kein Abschied für immer war, denn ich mag die Tiere und die Leute unglaublich gerne aber ich möchte nie mehr einen Fuß in dieses Gebäude setzen.
Es war schon komisch, zu gehen, und ich mache mir große Gedanken darum, was meine Kommilitonen denken mögen und ob man mich wirklich versteht. Außerdem hatte ich es oft in meinem Leben erlebt, dass ich wegen meiner Erkrankung von Aktivitäten ausgeschlossen wurde, was jedesmal sehr weh tut. Aber es war auf jeden Fall eine große Erleichterung, vor allem, nachdem ich meine ganze Kleidung, die ich in dem Gebäude getragen hatte, gewaschen hatte. Nach nur zwei Tagen zuhause fühlte ich mich mental und körperlich schon um Welten besser und bin vor allem mega glücklich, jetzt wieder viel mehr Nahrungsmittel zu vertragen, als in den letzten Wochen, wo meine Toleranzschwelle deutlich runter gegangen war.
Ich möchte wirklich noch einmal betonen, dass Schimmel kein Spaß ist, er ist nicht nur ein Allergen sondern ernsthaft giftig und spielt übel mit deinem Immunsystem mit, wie man bei mir gesehen hat. Gewisse Bereiche, die zur Abwehr dienen, werden geschwächt (was zu Infektionen führt), während andere total aufgeheizt werden und chronische Entzündungen (nicht nur der Haut und der Atemwege!) entstehen können bzw. verstärkt werden. Hier helfen leider keine Kompromisse, nur konsequentes Handeln. Es wird sogar vermutet, dass die Paleoernährung deswegen so erfolgreich ist, da die meisten stark schimmelbelasteten (in der Regel mit Aflatoxin) Lebensmittel aus der Ernährung herausgenommen werden wie Hülsenfrüchte, Getreide und Käse, und auch Nüsse sollten nur hin und wieder als Snack gegessen werden. Was mir ebenfalls aufgefallen ist, ist dass viele als Histaminliberatoren gelisteten Nahrungsmittel zur Schimmelbildung neigen!
Es gibt ein paar Mittel, mit denen man die Auswirkungen von einem Ausgesetztsein mit Schimmel etwas abschwächen kann, z.B. Vitamin C, Glutathion, Chlorophyll (z.B. Spirulina und Moringa) und Aktivkohle (bindet Toxine im Darm), aber unser Körper muss täglich schon mit so vielen anderen Umweltschadstoffen fertig werden, dass man da lieber alles in der Macht stehende vermeiden sollte, sodass der Körper diese guten Stoffe für andere Baustellen verwenden kann.
Ich hoffe, ich konnte dich ein wenig dazu inspirieren, deinen Gesundungsweg ganzheitlich anzugehen, denn nicht nur das, was wir täglich über die Nahrung in uns aufnehmen bestimmt darüber, wie wir uns fühlen, sondern auch die Umwelt, in der wir leben.
„Wir werden nicht durch die Erinnerung an unsere Vergangenheit weise, sondern durch die Verantwortung für unsere Zukunft“ ~ George Bernard Shaw (1856-1950)