Amerika 2015 Teil II

Teil I findest du hier

An drei Tagen nahm Jenn mich mit auf ihre Arbeit. Sie arbeitet für eine junge Gesellschaft, die sehr frisches Essen zubereitet (wirklich alles selbstgemacht: Mayonnaise, Limonade, Saucen, geräuchtertes Fleisch, frittierte Zwiebeln…) und es mittels Foodtrucks ausfährt und auf Events verkauft oder Catererservice auf Feiern leistet. Dort fragte mich ihr Boss Mike kurzerhand, ob ich Lust hätte, ein wenig auszuhelfen, was ich gerne tat. Auf diese Weise erhielt ich zum ersten Mal in meinem Leben Einblicke in eine Großküche, lernte, Limonade aus frisch gepressten Zitronen herzustellen, schnippelte jede Menge Gemüse, portionierte Fleisch für die Sandwiches und half beim Abwasch. Es war sehr anstrengend und ein langer Tag, aber ich war mit so tollen Leuten zusammen in dieser Küche, lernte viel und hatte einfach das Gefühl, dazuzugehören und war vor allem unfassbar glücklich, ohne Handschuhe und jegliche Einschränkungen mit meinen beiden Händen arbeiten zu können, dass ich am liebsten vor Glück geweint hätte (Lies hier meine Geschichte mit der Neurodermitis). Anfangs beim Abspülen fasste ich das Geschirr noch zaghaft und nur mit den Fingerspitzen an, aber am Ende war ich über und über pitschnass und voll dabei und alle Hemmungen waren von mir abgefallen. Meine Haut war abends etwas trocken, aber solange ich keine Schmerzen hatte und nichts offen war, war ich superglücklich! Außerdem durfte ich draußen ein bisschen helfen beim Limo servieren und kassieren. An den nächsten beiden Tagen fuhren wir mit dem Foodtruck aus. An einem Tag fuhren wir an eine private Middleschool, die Foodtrucks einlädt für das Lunch, damit den Schülern Alternativen zum Kantinenessen geboten wird, was ich für eine tolle Sache halte. Zwar waren es Weizenweißbrotsandwiches, aber dafür belegt mit hochwertigem Fleisch und ganz frischem Gemüse. Meine Aufgabe war es, die bestellten Sandwiches herauszureichen, und außerdem zu fragen, ob derjenige normale oder Erdbeerlimo möchte, die ich selbst portionierte (mit frisch pürierten Erdbeeren, ein ganz klein bisschen habe ich probiert, und sogar vertragen, echt toll) und was für einen Cookie man dazu haben möchte. Die Kids waren echt süß und gut erzogen, mit Mike, der die Sandwiches im Truck frisch belegte, hatte ich gute Gespräche übers Kochen, meine Freundin Jenn war vorne im Truck am Kassieren… es war einfach schön und ich fühlte mich schon wie eine Amerikanerin.

Am nächsten Tag holte Mike mich ab, Jenn war schon vorgefahren, um in der Küche alles vorzubereiten und wir trafen sie und Nathan mit dem Truck bei einem Kürbisfest auf einer Obstplantage. Es war quasi ein riesiges Ernte- und Familienfest. Ich half wieder im Truck beim Servieren und Limoherstellen, und nachmittags, als es etwas ruhiger wurde, konnten wir einen Rundgang über das Kürbisfest machen. Ich hatte meine helle Freude an meinem Lieblingsgemüse (Kürbisse in rauen Mengen in allen Farben und Formen) und bestaunte im Farmshop die schönen selbst hergestellten Waren wie Marmeladen, Kürbisbutter, Öle und Essig. Ich kaufte mir ein paar lilane Süßkartoffeln (aus denen wir uns zuhause lilane Muffins machten) und eine Schachtel gedörrtes und gesalzenes buntes Gemüse. Auf dem Nachhauseweg unterhielten Mike und ich uns noch sehr gut über Ernährung und Zivilisationskrankheiten (sein Vater ist an Leukämie erkrankt) und über das Café, das er Ende des Jahres eröffnen will, mit frischem und gesundem Essen und einer Showküche. Ich bin wirklich dankbar für all die Einblicke, die ich in der kurzen Zeit gewinnen durfte und habe jetzt wirklich den größten Respekt vor jedem, der in der Gastronomie arbeitet! Für mich wäre dieser Stress auf Dauer nichts.

Um uns ein wenig zu erholen, besuchten Jenn und ich von Sonntag auf Montag eine Freundin von ihr, Kayla, die auf einer kleinen Farm in Pennsylvania lebt. Es war wirklich wunderschön und erholsam, ein wunderschönes Haus in absolut ruhiger Lage und wir erlebten einen schönen Mädelsabend zusammen. Von Kaylas Cookies konnte ich leider nichts essen, aber dafür hatte ich zum Glück noch was von meinen lilanen Muffins mitgebracht. Außerdem kauften wir auf der Nachbarfarm viel frisches Gemüse zum sehr günstigen Preis.

Auf dem Nachhauseweg am nächsten Tag sahen wir ein großes Kürbisfeld, voll von bunten und großen Kürbissen aller Art und wir hielten spontan, für ein paar Fotos. Nach einigen Minuten kam der Bauer mit seinem Quad angefahren, in Sorge, wir würden Kürbisse stehlen wollen, aber nachdem er meine große Kamera sah und erfuhr, dass ich zu Besuch aus Deutschland war, war er sehr freundlich und offen und gab uns eine schnelle Tour über sein Feld mit Infos über die verschiedenen Sorten und Rezeptmöglichkeiten und schenkte uns am Ende sogar zwei Kürbisse! 🙂 Wir kamen erst spät und sehr müde bei Jenn daheim an und schoben nur schnell einen halbierten Butternutkürbis in den Ofen, den wir dann mit viel gehackten Kräutern, Knoblauch, Butter und Salz drauf auslöffelten.

Die nächsten Tage verbrachte ich sehr entspannt mit viel Lesen und in der Sonne liegen und mit dem Rad die Umgebung erkunden, da Jenn arbeiten musste. Abends unternahmen wir ausgedehnte Spaziergänge in der wunderschönen Herbstlandschaft und ich brachte Jenn ein wenig die Bedienung meiner Kamera bei.

Am Donnerstag fuhren wir an die Küste und verbrachten einen wunderschönen Tag am Strand bei strahlendem Sonnenschein. Ich habe mich sogar kurz ins kalte Wasser getraut, es aber nicht lange ausgehalten, es war zwar ein ungewöhnlich warmer Tag bei 26 ° C, aber der Atlantik war hier schon recht kühl. Auf dem Nachhauseweg teilte ich mir mit Jenn einen Apfel, der bis wir zuhause angekommen waren leider zu einem ziemlichen Blutzuckercrash bei mir führte. Zum Glück hatte ich morgens einen großen Topf mit Hackfleisch, Süßkartoffeln und viieel Gemüse und Kokosöl gekocht, wovon der Rest noch im Kühlschrank war und nur schnell auf dem Herd aufgewärmt werden musste.

An meinem letzten Tag besuchten wir Philadelphia und besichtigten die Liberty Bell und die Independance Hall. Mein Flug ging erst abends um halb neun und wir bekamen beide auf dem Weg zum Flughafen einen schrecklichen Hunger. In einem Supermarkt holten wir uns ein gegrilltes Huhn. Ich war ziemlich skeptisch, da es laut Markierung auf der Packung vor etwa zwei Stunden gegrillt worden und seitdem auf einer Wärmeplatte (in einer Plastikpackung, was mir ebenso nicht gefiel bei der starken Wärme) aufbewahrt worden war. Außerdem hatte dieses Huhn mit Sicherheit niemals Gras oder Tageslicht gesehen. Aber wir waren dermaßen hungrig und es war die einzige annehmbare Möglichkeit in dem Moment. Auf einem abgelegenen Parkplatz setzten wir uns ins Gras und machten uns über unsere letzte gemeinsame Mahlzeit her. Zwei Stunden später zeigte sich dann auch eine leichte Reaktion, eine Rötung der Fingergelenke, aber es hielt sich noch in Grenzen.

Der Abschied war schon sehr traurig aber nicht ganz so schwer, da Jenn schon für Dezember ihren Flug nach Deutschland gebucht hat, um hier zu wohnen. Den Flug überstand ich gut, es gab Hühnchen mit Reis und etwas Gemüse, den ganzen Weizenkram rührte ich natürlich wieder nicht an. In Frankfurt erwartete mich mein Mann, der mir lieberweise Wasser und was zu Essen (gebackene Hokkaidospalten mit viieel Butter, Kokosöl und Kräutern) mitgebracht hatte.

Ich hatte zwar einen ziemlichen Jetlag, aber durch viel Aufenthalt draußen im Tageslicht, damit sich meine innere Uhr anpassen kann, hatte sich das im Nu eingerenkt.

Meine Meinung zu Amerika: Es ist ein schönes Land, mit viel Grün, auch in den Städten, und viel Platz. Die Leute sind sehr offen und freundlich, soweit ich es erlebt habe. Ich habe weniger Übergewichtige gesehen, als ich es erwartet hätte, es gab genauso viele sehr schlanke Menschen. In Deutschland ist allerdings vor allem dieser starke Bierbauch üblich, in Amerika sah ich mehr stark adipöse Menschen, die völlig ihre Form verloren hatten, und auch auffällig viele übergewichtige Frauen, was sich in Deutschland noch stark in Grenzen hält. Aber wie mittlerweile bekannt ist, ist Übergewicht nur ein mögliches Symptom einer falschen und ungesunden (nicht mal unbedingt Über-) Ernährung. Nur weil jemand schlank ist, heißt das noch nicht, dass er gesund ist. Ich sah dort drüben viele Menschen, die zwar schlank waren, aber äußerst ungesund aussahen. Jenns Vermieterin, bei der sie wohnt, hat selbst Diabetes, dabei ist sie eine eigentlich noch recht fitte Mittsechzigerin, die noch reiten und tauchen geht, aber so gut wie nicht selbst kocht und Softdrinks und Pizza sehr zugeneigt ist. Das einzige, was sie in der Zeit in ihrer Küche selbst gemacht hat, waren Muffins. Sie besaß einen kleinen Korb voller verschiedener Medikamente, die sie täglich nehmen musste. Was mich besonders wütend macht, ist dass ihr Arzt ihr immer noch den veralteten Mist einbleuelt, dass cholesterinhaltige Lebensmittel und Fett ungesund seien und sie deswegen einiges an sehr gesunden Nahrungsmitteln meidet.

Ich finde es wirklich traurig, wie dort drüben mit Lebensmitteln umgegangen wird. Ich war oftmals sehr schockiert, wenn ich mir Inhaltsstofflisten durchgelesen habe. Wieso muss es nötig sein, an sich gesunde Lebensmittel so stark zu modifizieren? Was soll der Quatsch mit „fettfreier“ Milch? Das hat nichts mehr mit den Nahrungsmitteln zu tun, an die wir uns im Laufe unserer Evolutionsgeschichte angepasst haben. Auch wird dort drüben alles aufs Heftigste gespritzt. Für Jenn war es völlig normal, dass sie das Gemüse für zwei Wochen im Kühlschrank aufbewahren konnte, ohne dass sich die geringste Fäulnis oder Schimmel zeigten. Möchte wissen, was die da auf ihr Gemüse spritzen…

Alles in allem bin ich sehr dankbar für die schöne Zeit und all die Eindrücke. Außerdem habe ich mir dort drüben über Amazon für recht günstig ein paar Nahrungsergänzungsmittel und die beiden Bücher: The Paleo Approach von Dr. Sarah Ballantyne (Deutsch: Die Paleo Therapie) und The Bulletproof Diet (Die Bulletproof-Diät) von Dave Asprey (auch deutlich günstiger als in Deutschland, und sehr empfehlenswert) besorgt und werde meine neuen Erkenntnisse bald mit euch teilen. Außerdem lernte ich ein neues Gemüse kennen, die Jicama (Yambohne), eine Knolle die nach einer Mischung aus Apfel oder Birne und Kohlrabi schmeckt. Wirklich sehr lecker und schön zum Knabbern und überdurchschnittlich reich an Glutathion, ich hoffe, ich kann sie auch in Deutschland bekommen.

Wieder zuhause war meine Nase auf einmal extrem frei, ich hatte gar nicht so stark gemerkt, dass sie die ganze Zeit leicht zugeschwollen war, und ich hatte mehr Energie. Die Haut an meinen Fingern war etwas in Mitleidenschaft gezogen worden, zum Glück hatte ich zwei Tage später eine Vitamin C Infusion und heilte wieder sehr schnell und konnte nun auch wieder etwas entspannter mit meinem Speiseplan umgehen.

Auf FlickR kannst du dir noch mehr Bilder meiner Reise ansehen!

 

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