Für eine Organisation arbeiten, die ganz an der Spitze dabei ist, wenn es um das Wissen um gesunde Arbeitsbedingungen, gesunden Mindset geht, wo die Menschen mit Stress umzugehen wissen, sich Adaptogene einschmeißen, ihren Blutzucker stabil zu halten und gut für ihr Wohlbefinden zu sorgen wissen? Und dabei viel vom Top-Wissen aus aller Welt zum Thema gesunder Lebensstil mitbekommen? Als ich hörte, dass der Biohackersummit Helsinki Volontäre braucht, war ich dabei. Das Ticket kostet normalerweise 500 Euro, außerdem wurden uns gute Mahlzeiten und Ruheräume zur Verfügung gestellt, da kann man nicht Nein sagen!
Ganz ehrlich: Ich war ziemlich skeptisch, was ich zu erwarten hatte. Ich rechnete mit dem typisch maskulinen Ansatz, der nur nach Vermessungen, Implantaten, strengem Fasten und Restriktieren, Supplementieren, top Performance und Wettbewerb schreit, doch es sollte ganz anders kommen.
Wichtig für mich vor so einem Vorhaben: Gute Vorbereitung, vorher ein Gefühl für die Umgebung bekommen, viele Informationen, mich schon mental drauf einstellen können, da es mir eher schwer fällt, mit neuen Situationen und Umgebungen zurecht zu kommen.
Was mir von daher ausgesprochen gut gefallen hat, war, dass wir vorher viele Detailinfos bekommen haben, z.B. was wir anziehen sollen, worauf wir uns einstellen sollen, dass wir ein Handtuch für die Sauna mitbringen sollen, dass das Mittagessen gehetzt sein könnte, wo man seine Tasche deponieren kann… sogar den genauen Grundriss und Aufbau des Events haben wir vorher bekommen. Beim Aufbau der Messehalle an sich wurde viel Wert darauf gelegt, uns als Community einzuschwören, uns das große Ganze sehen zu lassen, dass wir die Messebesucher wie unsere, Gäste, unsere besten Freunde behandeln sollen, und auch auf unser Wohlbefinden wurde viel Wert gelegt und z.B. in einer gemeinsamen Meditationspause gepflegt.
Das gehört meines Erachtens auch alles zu einer guten Performance. Das Team möglichst gut vorbereiten, gut zu versorgen und mental zu motivieren.
Durch den Blick hinter die Kulissen am Vortag des Aufbaus und dadurch, dass ich Leute hatte, zu denen ich dazugehörte, war ich richtig entspannt und einfach freudig erregt, als es dann am 13. Oktober losging! Morgens arbeitete ich an der Rezeption, den Rest des Tages war ich allgemein für die Sauberkeit zuständig, dafür, dass die Spender mit dem gefilterten Wasser gefüllt waren und einfach als Ansprechpartner für die Besucher. Es war gut zu händeln für mich, allein schon, weil wir die tollen, ruhigen Räume für uns hatten, mit großen Sitzsäcken zum Ausruhen, wozu wir auch angehalten wurden und womit wir im Vorteil gegenüber den normalen Besuchern waren. Nur die Füße taten mir nachher ganz schön weh. Zeit genug, zwischendurch den Vorträgen zu lauschen und Messestände zu besuchen blieb trotzdem immer mal, und den zweiten Tag durfte ich als normaler Besucher den Summit genießen.
Helsinki gilt als die Biohacking Capital of Europe. Die Finnen sind sehr weit vorne auf dem Gebiet des Biohackings, und allgemein des gesunden und naturverbundenen Lebens.
Es hat mir sehr gut gefallen, dass es kein rein wissenschaftliches Symposium war, sondern vieles an persönlichen Erfahrungen geteilt wurden, und es auch sehr in die philosophische Richtung ging, sehr viel über Selbsterkenntnis und Spiritualität. Hier stellt man das Thema gesund leben in einen sehr großen Kontext. Die führenden Köpfe auf dem Gebiet des Biohackings wurden vorgestellt, die an die Grenzen des aktuell Menschenmachbaren gehen, auch mit Selbstexperimenten. Es war ein sehr guter Mix, wie wir den Makrokosmus, unsere Umwelt, aber auch unsere Gesellschaft, gut mit unserem Mikrokosmos, z.B. unserem Darmmikrobiom und unserer Epigenetik in Einklang bringen können, um gut zu leben.
Man hat sehr gemerkt, dass es nicht darum ging, sich selbst darzustellen und die Besucher zu beeindrucken, sondern ihnen wirklich zu helfen, sich besser zu fühlen, z.B. durch die Einleitung der Vorträge mit einer geführten Loving Kindness Meditation.
Der Begrüßungsvortrag von Kurator Teemu Arina war bereits sehr beeindruckend und gleichzeitig überraschend bodenständig: Man läuft schnell in Gefahr, über die neuesten Gadgets die absoluten Grundlagen aus den Augen zu verlieren, die zeitlos sind.
Viel an dieser Technologie wird bereits eingesetzt z.B. im Sportbereich, für Wanderer, Bergsteiger, Taucher, Leistungssportler. Viele der Langzeitbiohacker erleben, dass sie gewisse Technologien zur Selbstvermessung (z.B. Schlafqualität, Stresslevel, Blutwerte) für eine Weile brauchen, um ein Bewusstsein für gewisse Vorgänge im Körper und Bedürfnisse zu erlangen, man sie dann aber irgendwann nicht mehr braucht, weil es dann im Bewusstsein drin ist. Genau das selbe habe ich erlebt mit dem Führen meines Ernährungstagebuchs. Man braucht dieses Feedback von außen irgendwann nicht mehr, sondern hat es im Gefühl.
Viele im Biohackerfeld betreiben in Wahrheit Raubbau mit ihrer Gesundheit und übernehmen sich, anstatt auf vernünftige Weise an die Sache heranzugehen, wie es seit Jahrtausenden in alten Praktiken wie Kampfkunst, Yoga und Meditation ausgeübt wird. Es geht nicht darum, immer besser, schneller und stärker zu werden, sondern wie man das System ins Gleichgewicht bringen kann. Diese Balance wiederzufinden ist das Ziel wahrer Gesundheit.
Für Teemu bedeutet Biohacking: Sich des Augenblicks bewusst zu werden, was in seinem Körper vor sich geht und wie er in Beziehung zu sich selbst steht. Insofern kann man diese Selbstvermessungsmethoden als moderne Art und Weise ansehen, Erleuchtung zu finden. Es ist außerdem ein gezieltes Vorantreiben unserer Evolution.
Die elementaren Bestandteile, aus denen wir bestehen, die wir zu uns nehmen, wurden in der Weite des Weltalls geformt, Bakterien, die die ersten Lebensformen auf der Erde waren und heute noch in unserem Darm leben, beeinflussen unsere Gesundheit und unsere Gedanken, und wir besitzen zu etwa 67% die gleichen Gene wie Pilze.
Alles unsere wissenschaftlichen Ansätze sind reduktionistisch, stark vereinfacht. Wir stehen noch ganz am Anfang, das komplexe Feld der Ernährung mit allen biochemischen Interaktionen zu verstehen.
Unsere innere Welt muss erst stimmen, bevor wir mit der äußeren Welt richtig in Verbindung treten können.
Biohacking bedeutet besser zu leben mit Hilfe von Wissenschaft, Technologie und Natur. Wenn du dich selbst optimieren möchtest, optimierst du im Grunde deine Beziehung zu deiner Umgebung.
Biohacking bedeutet nicht zu „schummeln“ auf dem Gebiet der Gesundheit, sondern einfach die Dinge für sich sehr personalisiert zu optimieren. Zum Beispiel zu ermitteln über das Sammeln von Daten über einen längeren Zeitraum, wann die beste Zeit für mich ist, zu trainieren, wie intensiv, wie lang, wie oft, damit es z.B. keine negativen Auswirkungen auf meinen Schlaf später hat oder ich meinen Körper nicht unnötig belaste, aber dennoch zu meinem gewünschten Ergebnis kommen kann. Hierfür brauchen wir nicht nur immer mehr Verständnis für Biologie, sondern es muss vor allem sehr viel personalisiert und in den Alltag und auf den körperlichen Zustand eines einzelnen Menschen angepasst werden, um das Beste hier herauszuholen, gleichzeitig ohne das Gleichgewicht zu beeinträchtigen.
Bei manchen Dingen hört es dann echt auf, wie Besteck und Tassen, die dokumentieren, was und wieviel wir essen. Es gibt schon viele Menschen, deren Messgeräte scheinbar mehr über sie wissen als sie selbst. Das Paradoxe ist, dass wir immer mehr Technologie für Gesundheit bekommen und immer ungesünder werden. Die Technologie degradiert uns quasi wieder zu Kindern, die gesagt bekommen müssen, dass sie tief einatmen, trinken, aufstehen, etc. sollen.
Was ich großartig fand: Fast jeder Redner hat eine kleine Bewegungs-, Entspannungs-, Achtsamkeits- oder Konzentrationsübung eingebaut. z.B. aufstehen und schütteln und vibrieren wie im Qigong oder einfach mal in alle Richtungen strecken.
Ben Greenfield aus den USA gab uns die 2 wichtigsten Fragen mit auf den Weg, die man sich stellen sollte, wenn man wissen möchte, ob dies eine gute Mahlzeit für einen ist: Ist mein Essen nährstoffreich? Ist es gut verdaulich?
Besonders beeindruckt hat mich der Vortrag von Kaspar van der Meulen aus den Niederlanden, Schüler von Wim Hof, dem Iceman.
The Quality of your life is determinded by the focus of your attention
Laut Kaspar ist Multitasking schlecht, hingegen sind kleine Dinge wie auf und ab laufen, Kaugummikauen oder kritzeln während man nachdenkt oder zuhört gut, da über den Motorkortex der Neokortex im Gehirn aktiviert wird, was die Konzentration fördert. Leider wird gerade so etwas in unserem Schulsystem noch immer unterbunden. Auch Kaspar ging es so und er galt als schwieriges Kind.
Er gab dann eine Einführung in das autonome Nervensystem, das in den Parasympathikus (Entspannung) und den Sympathikus (Stress) unterteilt ist. Er betonte ebenfalls, wie wichtig der Entspannungszustand für eine gesunde Verdauung ist, völlig unabhängig davon, wie „gesund“ oder „ungesund“ unsere Mahlzeit ist, was ich ebenfalls am Institute for the Psychology of Eating gelernt habe.
Wichtig ist erstmal zu erkennen: In welchem Zustand befinde ich mich? Dann: In welchem möchte ich sein und wie gelange ich da hin?
Die Kontrolle unseres autonomen Nervensystems läuft immer in beide Richtungen. Wenn ich mich entspanne, atme ich tief durch, wenn ich tief durchatme, entspanne ich. Wenn ich Angst habe, atme ich flach und schnell, wenn ich flach und schnell atme, kann ich einen Panikanfall auslösen. Aus diesem Grund nutzt Kaspar in seinen Fitnessprogrammen morgens, wenn die Leute aktiv und produktiv werden sollen, andere Atemtechniken als abends, wenn die Leute danach gut schlafen sollen.
Das Problem ist: Unser Nervensystem ist in erster Linie darauf ausgelegt, unser Überleben zu sichern. Sich gut zu fühlen hat eine geringere Priorität. Deswegen ist es heutzutage so schwer für uns, runterzukommen. Tiere schütteln den Stress oder die Erregung einfach ab, Menschen fahren gar nicht herunter, sondern halten sich auch noch mit Dingen wie Nachrichten, die sie im Augenblick gar nicht betreffen, im Erregungszustand. Dieser chronische Stress kann sogar dafür sorgen, dass sich die Baseline nach oben verschiebt und der Stress als normal wahrgenommen wird, der Körper aber gar nicht mehr in die Reparatur mehr kommt. Geschieht das über einen zu langen Zeitraum, kommt es zum Burnout.
Health is a skill of Balance and Resilience.
Erleuchtung bedeutet für Kaspar, ein Bewusstsein für die Trigger um uns herum zu entwickeln und eine Wahl dafür zu bekommen, wie wir darauf reagieren. Er ließ uns dann noch aufstehen und den Rest des Vortrags in einer sehr aufrechten Selbstbewusstseinspose zu verfolgen, mit einer kleinen Atemübung (Boxbreathing, entwickelt von Navy Seals), was sich tatsächlich richtig gut, befreiend und bestärkend angefühlt hat, da dies ebenfalls ein gutes Feedback an unser Nervensystem gibt. Am nächsten Morgen habe ich bei ihm bei einem ganzen Atemtrainingsworkshop teilgenommen, danach habe ich mich positiv und energiegeladen gefühlt.
Es ist eine fantastische Erkenntnis, dass ich meinem Gefühlszustand so viel weniger ausgeliefert sein muss, als ich das immer empfunden habe! Kaspar brachte uns genau bei, wie wir über die Länge des Ein- und Ausatmens in einen gestressten, einen fokussierten oder einen tiefenentspannten Zustand gelangen können. Eine weitere wichtige Erkenntnis für mich war: Unsere Atemtechnik ist eine der mächtigsten Methoden, um den pH-Wert unseres Körpers zu regulieren und mehr ins Basische zu kommen! Auch die russischen Astronauten nutzen Atemtechniken und Adaptogene, für bessere Performance und um besser mit dem Stress umzugehen.
Danach lauschte ich Thomas Blomseth Christiansen aus Dänemark, dessen Vortrag mich sehr beeindruckt hat und mit dem ich mich stark identifizieren konnte. Er hat wie ich 30 Jahre lang schwer gelitten: Schwere Neurodermitis, Katzenhaarallergie, Heuschnupfen, Verdauungsbeschwerden, Erschöpfung, Brainfog, emotionale Instabilität, fühlte sich stark gealtert. Er konnte 2010 sämtliche Medikamente absetzen und hat keinen Arzt mehr besucht, ist symptomfrei und hat auch keine Katzenhaarallergie mehr.
Um sich selbst zu helfen, brauchte er Daten. Dies ist die Grundlage, die er jedem empfiehlt, auch wenn die Details dann am Ende für jeden anders aussehen. Genauso hatte ich angefangen (nachdem ich aufgehört hatte, auf das zu hören, was andere mir sagten, was ich gegen meine Erkrankung zu tun habe), ich hatte 6 Monate lang diszipliniert Ernährungstagebuch geführt (und schreibe heute noch die ein oder andere auffällige Beobachtung auf) und Hypothesen aufgestellt, die ich immer wieder getestet habe. Thomas hatte das Ganze allerdings im noch größeren Stil aufgezogen als ich: Nach 10 Jahren hatte er über 110.000 Beobachtungsdaten erlangt. Das meiste hat er über das mit dem Smartphone dokumentiert, auch über Fotos. So hat er beispielsweise knapp 10.000 Mahlzeiten dokumentiert, über 7000 Erschöpfungsanfälle, über 11000 Toilettengänge, und über 3000 Nieser (und korrelierte sie beispielsweise mit der Jahreszeit), über 13000 Fotodokumentationen seiner Ausschläge (sahen echt schlimm aus) und 15000 Aufzeichnungen über sie und verglich die Häufigkeit über die Jahre.
Dies half ihm, seinen persönlichen Auslösern auf die Spur zu kommen. Seine Daten von damals helfen ihm außerdem, sich daran zu erinnern, wie schlimm es damals war, wie verzweifelt er war, da man schnell vergisst, wie weit man gekommen ist.
Die wichtigsten Fragen, die man sich stellen sollte sind: Wovon will man mehr haben? Wovon weniger? Man kann nicht sehen, ob man etwas verbessert hat, wenn man nicht weiß, wo man gestartet ist. Wichtig ist die Mischung: Dinge selbst in sich erspüren und an sich beobachten <-> Daten über Messungen von außen bekommen.
Er ist ebenfalls der Meinung, dass das Design der klinischen Studien nicht funktioniert, da man einfach nicht auf die zahlreichen Faktoren und individuellen Situationen kontrollieren kann. Er kritisiert ebenfalls, dass keine Problemlösungsstrategien in der Medizin angewendet werden. Christiansen selbst arbeitete damals in der Softwareindustrie als Consultant für Prozessverbesserungen und war es gewohnt, sich Systeme im Ganzen anzugucken und zu debuggen. Er arbeitete nach der Methode Plan-Do-Check-Act. Wichtig, bevor man ein Problem löst, egal ob es in einer Maschine ist oder in einem Menschen, ist zuerst das Problem zu verstehen und dann an die Wurzel zu gehen, um eine dauerhafte und nachhaltige Lösung zu schaffen.
Im Idealfall: Sanfte, möglichst kostengünstige Interventionen mit möglichst großer Auswirkung. Er empfiehlt nicht noch für Jahre zu warten, bis es bessere Messmethoden gibt, sondern schon heute damit anzufangen, zu dokumentieren, was einem gerade möglich ist, denn darauf kann man immer weiter aufbauen und kommt schnell voran, und zwar ganz selbstständig.
You want to establish some baselines of what is really going on because, if you don´t know what´s really going on you don´t know whether you are improving or not when you start doing interventions.
I´ve been looking at my body as a decision-making system and I have been kinda nudging it into making different decisions.
Ich habe nach seinem Vortrag mit ihm gesprochen und er meinte, dass viele enttäuscht sind nach seinen Vorträgen, da er kein generelles Heilungsprotokoll für Allergien bieten kann. Er ist genau wie ich der Meinung, dass der Darm auf jeden Fall zentral angeschaut werden muss, dass es darüber hinaus aber unglaublich individuell ist und Neurodermitis nicht gleich Neurodermitis ist. Ich war schwer beeindruckt von diesem Mann, der sehr sachlich an dieses schlimme Problem gegangen ist und sich nicht dem Opferdasein hingegeben hat.
Joseph Cohen (USA), dem ich schon seit einigen Jahren folge, besitzt selbst ein überreaktives Immunsystem und einen ähnlichen Stoffwechsel wie ich wenn ich das betrachte, was für uns funktioniert. Er war als junger Mann nicht nur sehr krank, sondern auch quasi Analphabet, und hat sich inzwischen ein sehr erfolgreiches Unternehmen aufgebaut. Er sagte, ein Großteil der Supplemente und des Gemüses wirken stimulierend auf das Immunsystem, nur ein kleiner Anteil ist verträglich für Leute mit überreaktivem Immunsystem. Er betont den Erhalt eines gesunden zirkadianen Rhythmus, um optimal tagsüber zu funktionieren und nachts zu schlafen, und dementsprechend auch zu regenerieren und das Immunsystem gesund zu halten. Die wichtigsten Zeitgeber sind Licht, Temperatur und die Mahlzeiten. 30%-90% unserer Gene werden in ihrer Expression, aber auch Hormone durch unseren biologischen Rhythmus kontrolliert (dafür gab es kürzlich einen Nobelpreis in der Medizin für drei Forscher- sie vermuten, dass die Wirkung von Medikamenten stark vom Tagesrhythmus beeinflusst wird). Er ist gegen das Konzept der Nebennierenschwäche, hält es in erster Linie für ein Durcheinander des zirkadianen Rhythmus. Er betont, dass es in unserer heutigen künstlichen Umgebung wichtig ist, unseren Tagesrhythmus bewusst zu steuern und zu trainieren.
Er ist gegen intermittierendes Fasten am Morgen, da man dann seinen Metabolismus ankurbeln sollte. Ich bin der gleichen Meinung und denke, dass ein 12-14stündiges Fasten über Nacht ausreicht und für die meisten Menschen das Gesündeste ist.
Einer seiner besten Biohacks: Die Fenster viel öffnen um die toxische Last zu senken.
Es folgten viele weitere Vorträge dazu, wie wir nicht nur unsere Ernährung und unsere Gesundheit, sondern auch unsere Konzentration, Motivation und Gewohnheiten hacken können. Vanessa Spina aus Kanada brachte einen wichtigen Aspekt in Bezug auf die ketogene Ernährung an, nämlich dass Stress die Ketose verhindern kann, weil durch die Cortisolausschüttung Blutzucker ausgeschüttet wird! Sie erklärte, dass es reicht, nur ein bisschen oder zeitweilig in der Ketose zu sein, um schon einen gesundheitlichen Nutzen dadurch zu erlangen.
Olli Posti aus Finnland heilte sich von Multipler Sklerose mit hochwertiger Ernährung und sprach darüber, wie man stressfrei und ohne verzichten zu müssen seine Ernährung verbessern kann.
Toll fand ich auch das Auftreten der Illustratorin Äni Jaatinen, die ihre Fähigkeit zu zeichnen durch eine Hirnerkrankung verlor und sich ihren Weg zurück ins Leben erkämpfte.
Chris Dancy (USA) gilt als führende Persönlichkeit auf dem Gebiet der Selbstvermessung. Laut ihm verändert unsere Technologie unseren Umgang mit Zeit und ermöglicht uns immer mehr, Zeit zu hacken, er bezeichnet es schon als Zeitreisen, z.B. indem man seinem zukünftigen Selbst Botschaften hinterlässt oder die Vergangenheit immer facettenreicher dokumentiert wird. Es war auch heftig für mich zu erfahren, wie Plattformen wie Facebook und Youtube durch immer bessere Algorithmen und Daten, die sie über uns sammeln, unsere Aufmerksamkeit fesseln und Zeit verschwenden lassen können. Wir können nur aus diesen Manipulationen ausbrechen, wenn wir das Konzept von Zeit besser verstehen. Auch die Art und Weise, wie wir mit erschütternden Nachrichten geflutet werden, entspricht weniger einem realistischen Weltbild und Timeline (bei jedem User wird es individuell geschaltet, wann sie aufpoppen) als vielmehr einer Methode, um unsere Aufmerksamkeit zu binden und uns zum Konsumieren anzuhalten. Er gab viele gute Tipps, um den Stress aus den modernen Medien zu nehmen und man sich etwas freier machen, aber auch wertvolle Erinnerungsmomente sammeln kann.
Yarrow Willard, klinischer Masterherbalist aus Kanada, sprach über die Fraktaleigenschaften der Natur und wie unsere Vorfahren die Welt verstanden und „gehacked“ haben mit ihrem bereits hochentwickelten Verstand, trotz fehlender Technologie und wie sich ihre Fragen immer mehr verbessert und verfeinert haben, seien es Sternenkarten oder Körpertypen aus den Lehren der traditionellen chinesischen Medizin. Interessanterweise haben diese alten Körperverständnisse auch das Gehirn und Verhaltensweisen („die Psyche“) nie ausgeschlossen. Wir sollten diese alten Weisheiten nicht vergessen und in unseren moralischen inneren Kompass einbauen.
Er ging auf das Phänomen ein, dass es uns am leichtesten fällt, einen klaren Blick auf die Dinge zu bekommen, wenn wir uns an einem Wendepunkt befinden, weswegen wir z.B. am Meer oder auf der Spitze eines Berges zur Ruhe finden.
Clarity is best found at the turn around points. Its the edges of our world that give us the clearest vision.
Andere Wendepunkte finden wir an unserem Körper: Füße, Hände, Gesicht (Ohren, Zunge, Iris), die am weitesten weg sind von den Organen. Hier kann man Einfluss nehmen auf die Meridiane und Dinge über den Körper lernen, was ich sehr spannend finde, auch weil jeder Zugang dazu finden kann.
Jedes Jahr fließen 20 Mio Tonnen Antibiotika in die Erde. Antibiotika sind erst seit einer Generation in Gebrauch und schon haben sich die Bakterien so gut daran angepasst, dass es nicht nur viele Resistenzen gibt, sondern gewisse Bakterienstämme sie sogar schon als Nahrungsgrundlage nutzen können! Bakterien sind weitaus anpassungsfähiger als wir und uns überlegen, weswegen wir bessere Heilungsmethoden finden müssen. 85% unserer Erdgeschichte des Lebens waren nur Mikroorganismen. 27-33% der Biomasse sind Bakterien. Ein wichtiges Thema von Yarrow sind Heilpilze. Pilze wirken immunmodulierend, bei Autoimmunerkrankungen, Krebs und bei immunschwachen Patienten. Wir Menschen sind genetisch gesehen Pilzen ähnlicher als Pflanzen.
Yarrow sprach noch darüber, wie man vorgeht bei den beiden größten Darmproblemen SIBO und Candida. Laut Yarrow helfen unsere tollen technischen Möglichkeiten uns nichts, wenn wir nicht wissen, welche Fragen wir stellen müssen. Das Informationszeitalter haben wir längst überschritten. Was uns heute weiterhilft ist Imagination, Kreativität. Aus reinen Informationen erschaffen wir nichts. Man muss lernen, wieder auf die Sprache des Körpers zu hören anstatt alles zu schlucken, was einem an Informationen gegeben wird.
Jaako Halmetoja sprach über die gesundheitlichen Vorzüge von Knochenbrühe und mit welchen Zutaten man sie upgraden kann, außerdem stellte er die wirklich krassen Nährstoffunterschiede zwischen Wildformen und Zuchtformen gewisser Obst- und Gemüsearten dar. Wir geben uns heutzutage mit wirklich wenig Abwechslung bei unserem Gemüseverzehr zufrieden und unser Körper verlernt, mit den ganzen guten sekundären Pflanzenstoffen, mit denen wir evolviert sind, umzugehen und unsere Darmflora verarmt. In einem Experiment verlor ein junger Mann fast 1400 Bakterienstämme und damit 40% der Varietät in seiner Darmflora, nachdem er sich für 3 Wochen nur von Mc Donald´s Mahlzeiten ernährt hatte.
Alles in allem waren die Vorträge viel weniger technisch und leistungsorientiert, als ich erwartet hatte (klar, Extreme müssen überall mal vorgestellt werden, um den Gesamtkontext zu sehen, wie den Mann, der sich einen Chip auf die Brust implantieren ließ, um als neuen Sinn die Fähigkeit zu bekommen, zu spüren wo Norden ist), sondern überraschend spirituell und philosophisch. Erstmals wurde mir der Unterschied zwischen Quantified Self und Biohacking klar: Erstere konzentrieren sich vor allem auf das Sammeln von Daten und quantifizieren von Gesundheit, Produktivität, Leistung, Beziehungen… zweitere versuchen vor allem, Dinge umzusetzen und zu verbessern. Simple Dinge, die nicht abgehoben sind, sondern einem helfen, den normalen Alltag zu verbessern, wie Saunieren, weniger Sitzen, die Nutzung von Kälte, Barfußlaufen zum Erden und das Aufhalten in der Natur (forestbathing) und die Auswirkungen auf das Immunsystem wurden besprochen, die jeder direkt zuhause ausprobieren kann. Der Mensch wurde hier nicht als der Natur überlegen, sondern als fester Bestandteil von ihr angesehen, und man bekam Methoden mit auf dem Weg, wie man in unserer modernen Umgebung und in einem stressreichen Job trotzdem das Beste aus sich herausholen und sein Wohlbefinden steigern kann, ohne auf etwas verzichten zu müssen. Und wer sich wohler und entspannter fühlt, lebt auch mehr im Einklang mit seinen Mitmenschen.
Insgesamt waren alle Sprecher sehr freundschaftlich, offen, begeistert für ihre Sache aber gleichzeitig irgendwie bescheiden, keiner wirkte arrogant, wie ich es schon bei wissenschaftlichen Symposien oder in Onlinecommunities erlebt habe. In der Community wurde vielmehr großer gegenseitiger Respekt füreinander gehegt, ein spielerischer Austausch mit dem Ziel, mehr Menschen für simple positive Veränderungen begeistern zu können für ein besseres Leben. Allgemein finde ich es immer etwas schade, auf solchen Kongressen, dass so wenig Zeit für den einzelnen Redner bleibt, der dann entweder oberflächlich mit seinen Ausführungen bleiben muss oder durch seinen Vortrag durchhetzt, deswegen bevorzuge ich Bücher, doch es ist schön, Teil einer solchen Community zu sein, neue Schätze auszugraben und in Austausch zu kommen.
Manche der vorgestellten Selbstexperimente halte ich nicht für empfehlenswert für sehr empfindliche Leute, wie das intermittierende Fasten, extreme Kälte oder die Niacinflushs, was meines Erachtens mehr betont werden müsste. Oft war auch die Erkenntnis: Nur, weil jemand ein Problem durch Messen identifizieren kann, heißt das noch nicht, dass die Person dadurch motiviert ist, ihre Gewohnheiten zu ändern. Da kommt die Biologie an ihre Grenzen und es beginnt das Reich der Psychologie.
Lies hier weiter über meine Eindrücke von der Messe und von Helsinki
Health is the proper relationship between microcosm, which is man, and the macrocosm, which is the universe. Disease is a disruption of this relationship. ~Dr. Yeshe Donden, Arzt des Dalai Lama
The nitrogen in our DNA, the calcium in our teeth, the iron in our blood, the carbon in our apples pies were made in the interiors of collapsing stars. We are made of starstuff. ~Carl Sagan
Sehr interessante Einblicke, da wäre ich auch gerne dabei gewesen!
War wirklich eine ganz tolle Mischung und angenehme Atmosphäre.
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