Buchvorstellung: „The last best cure“ von Donna Jackson Nakazawa


Während meines dreieinhalbwöchigen Aufenthalts auf der Greifswalder Oie im Zuge eines ehrenamtlichen Vogelberingungspraktikums las ich das Buch von Donna Jackson Nakazawa, „The last best cure – My Quest to awaken the healing parts of my brain and get back my body, my joy, and my life„, das auf sehr intensive und ergreifende Weise die Geschichte der Genesung von Donna beschreibt, die wirklich mein Leben und meine Art, über Krankheit und unser Immunsystem zu denken, verändert hat.

Es geht um den neuen Forschungszweig der Psychoneuroimmunologie (meist abgekürzt als PIN) und wie wir unser Gehirn von chronischem Stress auf Lebensfreude und unseren Körper von Krankheit auf Gesundwerdung umprogrammieren können. Neue Forschungen zeigen, dass Menschen, die traumatische Erlebnisse in ihrer Kindheit hatten, die dafür gesorgt haben, dass sie jahrelang unter chronischem Stress gelitten haben, signifikant häufiger im Erwachsenenalter an einer chronischen Erkrankung erkranken.

Im Anhang findest du einen Fragebogen, um deinen eigenen ACE-Wert (adverse childhood experiences, negative Kindheitserfahrungen, die man bis zum Alter von 18 Jahren gemacht hat) zu ermitteln. Es werden zehn Fragen gestellt, für jede positiv beantwortertete Frage erhältst du einen ACE-Punkt:

  1. Hat ein Elternteil oder ein anderer Erwachsener deines Haushalts (häufig oder sehr häufig) dich beschimpft, beleidigt, niedergemacht, gedemütigt? Oder sich in einer Weise aufgeführt, dass du Angst haben musstest, verletzt zu werden?
  2. … dich geschubst, gepackt, geschlagen oder etwas nach dir geworfen? Oder kam es jemals vor, dass du so hart geschlagen wurdest, dass ein Abdruck oder eine Verletzung zurückblieb?
  3. Hat ein Erwachsener oder jemand, der mindestens fünf Jahre älter war als du dich jemals begrabscht oder dich dazu gebracht, ihn sexuell zu berühren oder mit ihm in irgendeiner Weise sexuellen Verkehr zu haben?
  4. Hattest du häufig das Gefühl, dass du ungeliebt warst oder ist dir nie das Gefühl vermittelt worden, wichtig oder besonders zu sein? ODER Hat man in deiner Familie allgemein nicht aufeinander geachtet, habt ihr euch nicht nah gefühlt und unterstützt?
  5. Hattest du häufig das Gefühl, dass du nicht genug zu essen hattest, musstest du unsaubere Kleidung tragen und hattest du keinen sicheren Ort, an den du gehen konntest? ODER waren deine Eltern zu betrunken oder high um nach dir zu schauen oder dich zum Arzt zu bringen, wenn du es brauchtest?
  6. Hast du jemals ein Elternteil verloren durch Scheidung, Verlassenwerden oder Tod?
  7. Ist deine (Stief-)Mutter häufig geschubst, gepackt, geschlagen oder etwas nach ihr geworfen worden? Oder einzelne Male bis häufig getreten, gebissen, mit der Faust oder einem Gegenstand geschlagen worden? Oder jemals für mehrere Minuten lang geprügelt oder mit einem Messer oder einer Pistole bedroht worden?
  8. Musstest du mit jemandem in einem Haushalt leben, der Alkoholiker war oder anderweitig drogenabhängig?
  9. …, der depressiv oder psychisch krank war oder einen Selbstmordversuch unternommen hat?
  10. War jemand aus deinem Haushalt jemals im Gefängnis?

Mehr zur ACE-Study (Triggerwarnung)

(Edit: Nachdem ich gestern den Film „About a boy – Der Tag der toten Ente“ gesehen habe, frage ich mich wirklich, warum Schultrauma nicht Teil der Liste ist. Für mich und viele andere in meinem Umfeld war der tägliche Schulgang wie der Weg zur Schlachtbank, und das über viele Jahre hinweg, dank Mobbing, Demütigungen, unfairen bis menschenverachtenden Lehrern und starkem Leistungsdruck ohne individuelle Berücksichtigungen. Es ist schließlich auch bekannt, dass Erwachsene durch Mobbing am Arbeitsplatz ein BurnOut erleiden können).

Für Frauen ergibt sich pro ACE Punkt eine 20 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit, im späteren Leben an einer Autoimmunerkrankung zu leiden. Ich persönlich komme auf einen Wert von 4, die Autorin des Buches auf einen Wert von 2. Statistisch wiegen alle Punkte gleich schwer, es wurden keine signifikanten Unterschiede zwischen den einzelnen Punkten festgestellt (mehr zu den Studien im Buch). Dass bestimmte Infektionen oder ein Mangel an Obst- und Gemüsekonsum in einem bestimmten Zeitfenster der Schwangerschaft mit einer höheren Rate an bestimmten, späteren Erkrankungen des Kindes einhergehen, ist schon lange bekannt. Warum sollten dann nicht auch solche psychischen Ereignisse, die im Endeffekt zu körperlichen Reaktionen (Nervenreaktion > hormonelle Veränderungen) führen, Auswirkungen auf den Gesundheitszustand des Kindes haben? Ein Grund mehr, um die Gene freizusprechen. Solche Ereignisse werden zu Glaubenssätzen, da wir als Kind noch eine sehr Ich-bezogene Wahrnehmung besitzen, die zu den Verhaltensweisen werden, die unser restliches Leben bestimmen und uns subtil in die Abwärtsspirale führen können.

Ich finde diesen Ansatz sehr spannend und vielversprechend, gerade angesichts der Tatsache, dass ich mit Neurodermitis auf die Welt kam und meine Mutter während der Schwangerschaft mit mir an einer Depression gelitten hat.

Forschungsergebnisse zeigen aber ebenfalls, dass bestimmte Ansätze wie Meditation, Mindfulness, Yoga, Lachyoga, Gedanken der Liebe und Dankbarkeit, Atemtechniken, Spaziergänge in der Natur und Akupunktur neue Verbindungen im Gehirn schaffen, die uns mehr auf Lebensfreude und Zufriedenheit programmieren und helfen, alte Muster, die uns auf Stress und Angst programmiert haben, zu reduzieren, da sie den Parasympathikus aktivieren. Die wissenschaftliche Erklärung dahinter ist, dass chronischer Stress und Angst unser Gehirn dauerhaft umprogrammieren, es sogar zu einer epigenetischen Veränderung kommt, da unsere Amygdala, unser „Angstzentrum“, vermehrt mit Blut und Wachstumsfaktoren versorgt wird, um uns auf eine bedrohliche Umwelt vorzubereiten. Andere Bereiche des Gehirns, wie der Präfrontale Cortex, der für Problemlösungen, Entscheidungen treffen und logisches Denken zuständig ist, bleiben unterversorgt und ist bei diesen Personen nachweislich geringer ausgeprägt. Lies hier meinen ausführlichen Artikel zur neurobiologischen Erklärung.

Ein Umtrainieren ist aber durchaus möglich! Ich möchte betonen, dass es mir hier nicht darum geht, dass man sich als Opfer seiner schweren Kindheit sehen soll! Es geht darum, zu den früheren Ereignissen zu stehen, sie zu erkennen und zu bejahen, um aktiv an ihnen arbeiten und aus den alten Mustern herauskommen zu können. Auch betont Donna, dass man sich selbst aktiv Vergebung für seine frühere Schwäche zusprechen soll.

Donna schaffte es auf diese Weise innerhalb eines Jahres, ihre schwere Autoimmunerkrankung, sowie andere gesundheitliche Probleme wie Neurodermitis und chronische Erschöpfung in Remission zu bringen.

Ich persönlich glaube mittlerweile auch, dass es gar nicht genau darauf ankommt, wieviel Gramm Kurkuma wir am Tag essen oder was wir sonst alles tun, um uns zu heilen, vielmehr ist es wichtig, Körper und Geist im Allgemeinen zu vermitteln, dass man sich in Sicherheit befindet, dass man die Kontrolle hat. Deswegen halte ich jegliche Maßnahme für sinnvoll, die einem das Gefühl gibt, irgendetwas tun zu können, seine Gesundheit und sein Schicksal in die eigene Hand zu nehmen, also genau das Gegenteil, was unsere heutige Medizin uns vermittelt. Es ist fatal, einem Patienten jegliche Verantwortung aus der Hand zu nehmen, oder gar eine sehr schlechte Heilungsprognose ins Gesicht zu sagen, es führt nur dazu, dass das Immunsystem völlig runterfährt. Deswegen ist es jetzt mein primäres Ziel geworden zu finden, was mir Frieden und Glück vermittelt und dass ich jetzt einfach meinen Körper als Tempel ansehe, als Gefäß meiner Seele, das ich mit Respekt und Liebe behandle um zu diesem tiefen Gefühl der Sicherheit zurückzufinden, das mir in meiner Kindheit genommen wurde. Wenn ich diese Sicherheit in der Ernährung finde (und die Reaktionen des Körpers auf bestimmte Nahrungsmittel sind ja nachweisbar und real, etabliert), dann ist dies der richtige Weg für mich. Auch habe ich einen großen Boost in meiner Heilung erlebt, seit ich mit Qigong und Meditation angefangen habe, und zur Zeit beginne ich, die Akupunktur zu erkunden. Es ist, als würde ich jetzt zu meinem wahren Selbst finden. Ich glaube, dass ein Körper, der sich in Sicherheit wähnt, aufhören wird, unnötig viele Mastzellen oder Autoantikörper zu bilden und stattdessen anfangen wird, die Selbstheilung einzuleiten.

It´s not that my life or body are entirely different. I´m different in my body and in my life. ~Donna Jackson Nakazawa

 

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